Pflanzen des Karlsgartens: Kurzbeschreibung

Karl der Grosse hat im Capitulare de villis vel curtis imperii die folgenden 89 Pflanzenarten aufgeführt. Wenn immer möglich, sollten sie in allen Landgütern seines grossen Reichs angebaut werden.

Die Nummerierung entspricht der Reihenfolge, in der Karl der Grosse die Pflanzen aufgelistet hat. Dann folgt jeweils die lateinische Bezeichnung der Pflanze, die er verwendet hat. Weil diese Bezeichnung aus heutiger Sicht nicht immer eindeutig einer Pflanze zugeordnet werden kann, sind teilweise zwei Pflanzen (Ziffern a und b) aufgeführt.

Quellennachweis

Nr. 1: lilium - Madonnenlilie (Lilium candidum)

Die Madonnenlilie mit ihren majestätischen, weissen, trompetenförmigen Blüten gilt seit dem Altertum als Symbol der Reinheit und Unschuld, in christlicher Deutung als Symbol der Keuschheit.

Die Madonnenlilie ist eine Kulturpflanze, ihre wilden Verwandten sind der Türkenbund und die Feuerlilie. Die Zwiebeln verschiedener Lilienarten sind essbar, auch die Mäuse lieben sie. In der Volksmedizin wird der frische, schleimige und adstringierende Saft der Zwiebel in Salben und Tinkturen verarbeitet, zur Heilung entzündeter oder rissiger Haut.

Madonnenlilien-Blüte

Nr. 2: rosas - Hundsrose (Rosa canina)

Die Hundsrose oder Heckenrose ist eine der häufigsten Wildrosen-Arten bei uns. Freistehend entwickelt sie sich zu einem bis 3 m hohen, rundlichen Busch mit überhängenden Ästen. Die Rose ist seit mehreren tausend Jahren eine wichtige Symbolpflanze, u.a. für Schönheit, Liebe, Tod und Vergänglichkeit. In ihr zeigen sich die Widersprüche des Lebens, sie bedeutet Liebe und Leid, sie vereint in sich die sanften Blumen und spitzen Stacheln.

Aus den Blüten kann Rosenwasser oder -saft hergestellt werden, in eingezuckerter Form werden sie haltbar gemacht. Das kostbare ätherische Öl wird zu wundheilenden Salben und in Parfums verarbeitet. Die Früchte (Hagebutten) werden zu Mus, Konfitüre oder in Tees verwendet. Weil sie sehr viel Vitamin C enthalten, wirken sie vorbeugend gegen Erkältungskrankheiten.

Hundsrose

Nr. 3: fenigrecum - Griechisch Heu, Bockshornklee (Trigonella foenum-graecum)

Der Bockshornklee erhielt seinen deutschen Namen von der Form seiner Hülsen, vielleicht auch von der buckligen Form der Samen. Griechisch Heu nennt man ihn, weil er schon im alten Griechenland als Futterpflanze diente.

Die Pflanzen haben einen starken, an Curry erinnernden Geruch. Die Blätter und die gerösteten Samen werden in Indien auch zu Currygerichten und für Currypulver verwendet. Sie sind sehr nahrhaft und enthalten viele Schleimstoffe. Aufgrund ihrer blutzucker- und cholesterinsenkenden Wirkung sind gemahlene Samen hilfreich bei Diabetes mellitus. Äusserlich werden sie auch als Paste bei Ekzemen oder Geschwüren eingesetzt.

Bockshornklee Schoten

Nr. 4: costum - Frauenminze, Balsamkraut (Tanacetum balsamita)

Die Frauenminze ist eine robuste, horstbildende Staude mit bläulichen, lederartigen Blättern. Die unscheinbaren Blüten erscheinen erst im späten Sommer. Ihre deutschen Namen hat sie aufgrund ihres starken Geruchs nach Minzen und Kampfer erhalten: Im Mittelalter wurden viele wohlriechende Pflanzen "Balsamkraut" genannt, alle würzig riechenden Pflanzen mit einfachen Blättern "Minzen".

Heute wird die Frauenminze wegen ihres aromatischen Geruchs in Duftsträussen geschätzt. Die Blätter können auch zum Würzen von fettem Fleisch oder als aromatisierender Zusatz in der Likörherstellung verwendet werden.

Frauenminze

Nr. 5: salviam - Gartensalbei (Salvia officinalis)

Der Gartensalbei ist ein aus dem Mittelmeergebiet stammender Halbstrauch, der bei uns nicht wild vorkommt. Die grau-filzigen Blätter duften charakteristisch. Der lateinische Namen "salvare" bedeutet "heilen", denn bereits im Mittelalter wurde seine grosse Heilkraft geschätzt.

Heute werden die Blätter einerseits als Würzpflanze verwendet (z.B. für Saltimbocca oder ausgebackene "Müslichüechli"). Andererseits als vielseitige Heilpflanze, z.B. bei Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut (Salbeibonbons, Gurgellösungen) oder im Klimakterium bei übermässigem Schwitzen (als Tee).

Garten-Salbei

Nr. 6: rutam - Weinraute (Ruta graveolens)

Die ebenfalls aus dem Mittelmeergebiet stammende Weinraute besitzt graugrüne, gefiederte Blätter und riecht streng aromatisch. Sie wurde bereits von den Römern als Gewürz- und Heilpflanze genutzt.

Für die Raupen des Schwalbenschwanzes ist sie äusserst attraktiv, auf viele Pflanzenschädlinge hingegen hat sie eine abschreckende Wirkung. Deshalb wurde die Weinraute bereits im Altertum als dekorative und nützliche Gartenpflanze angebaut. Im Mittelalter war sie ein Bestandteil des bekannten "Vierräuberessigs" (Mittel gegen die Pest). Heute nutzt man ihre verdauungsfördernde Wirkung im italienischen "Grappa" sowie in Likören.

Die Weinraute enthält photosensibilisierende Stoffe (Furanocumarine), weshalb man bei starkem Sonnenlicht den Hautkontakt mit ihr vermeiden sollte.

Weinraute

Nr. 7: abrotanum - Eberraute (Artemisia abrotanum)

Die Eberraute wird manchmal auch "Colakraut" oder "Gummibärlistrauch" genannt, aufgrund ihres durchdringend aromatischen Dufts (leicht nach Zitrone, mit etwas Phantasie "Cola-ähnlich"). Sie ist mit dem Wermut und dem Beifuss verwandt und wird wie diese zum Würzen von fettem Fleisch, d.h. als verdauungsförderndes Gewürz verwendet.

In Deutschland wurde sie früher ins Kirchen-Gesangbuch gelegt, um sich während der Predigt an ihrem Duft zu laben. In Frankreich hingegen hängte man kleine Eberrautensträusse in die Schränke, um Flöhe und Motten zu vertreiben. Sie wird deshalb heute auf Französisch manchmal "garderobe" genannt.

Eberraute

Nr. 8: cucumeres - Gurke (Cucumis sativum)

Die wärmeliebende Gurke ist eine bekannte Salat- und Gemüsepflanze. Unter der Bezeichnung "cucumeres" wurden früher aber verschiedene Kürbisgewächse zusammengefasst, so dass nicht klar ist, ob Karl der Grosse wirklich die Gurke meinte. Auch wenn sie in der griechisch-römischen Antike schon kultiviert wurde.

Bei den heutigen Sorten wird darauf geachtet, dass sie wenig Bitterstoffe enthalten. Die Samen der Gurken und der verwandten Melonen und Kürbisse werden auch medizinisch verwendet (bei Prostatabeschwerden). In der Kosmetik nutzt man Gurken aufgrund ihrer Wasserbindungsfähigkeit in Kosmetika und für "Gurkenmasken".

Gurken

Nr. 9: pepones - Zuckermelone (Cucumis melo)

Noch wärmeliebender als die Gurke ist die Zuckermelone. Im 2017 war der Sommer auch bei uns so warm, dass die Pflanzen selbst im Freiland schöne und saftige Früchte hervorbrachten. Hier ist die robuste Sorte "Petit Gris de Rennes" zu sehen, die auch unter weniger warmen Bedingungen ausreift.

Melonen werden heute vor allem als Dessertfrüchte genossen. In Afrika werden die Samen auch zur Ölgewinnung und als Mehl verwendet.

Zuckermelone

Nr. 10: cucurbitas - Flaschenkürbis (Cucurbita lagenaria, Lagenaria siceraria)

Der Flaschenkürbis wird auch Kalebasse genannt. Er wächst mit meterlangen Ranken an Zäunen und an anderen Pflanzen empor. Die imposanten Früchte können je nach Sorte bis zu 1 m lang werden. Bei den Flaschenkürbissen, die im 2017 im Karlsgarten in Mettendorf wuchsen, handelte es sich leider um bittere Sorten, diese können nicht gegessen werden.

Im Mittelalter wurden Bezeichnungen wie pepo, melo, melopepo und citrullus für verschiedene Kürbisgewächse (auch für Gurken) verwendet. Deshalb sind die drei Bezeichnungen cucumeres, pepones und cucurbitas im Capitulare de villis (800 n. Chr.) erstaunlich. Denn der echte Kürbis (Cucurbita pepo), der heute angebaut wird, war in Europa erst nach der Entdeckung Amerikas, d.h. nach 1500 n. Chr. bekannt.

Flaschenkürbis

Nr. 11 a: fasiolum - Schlangenbohne, Kuhbohne, Spargelbohne (Vigna unguiculata)

Die Schlangenbohne stammt als alte Kulturpflanze vermutlich aus Afrika. Heute wird sie in den gesamten Tropen und Subtropen in vielen Sorten angebaut.

Die hier angepflanzte Sorte (Spargelbohne) wächst wie Stangenbohnen bis 2,5 m in die Höhe. Aus den lila Blüten entwickeln sich bis 90 cm lange, schmale Hülsen, die im jungen Zustand wie Gartenbohnen gekocht werden können und angenehm mild schmecken. Die Samen der ausgereiften Früchte sind köstlich in einem Bohneneintopf. In Asien werden sie auch als Keimsprossen genutzt.

Schlangenbohne

Nr. 11 b: fasiolum - Helmbohne (Dolichos lablab)

Die Helmbohne stammt vermutlich aus Indien. Sie wächst mit bis zu 6 m langen Trieben schlingend und kletternd in die Höhe. Und wenn im November bei uns nicht die Kälte käme, würde sie bestimmt noch höher wachsen.

Charakteristisch an der Helmbohne sind die violetten, schiffchenförmigen, flachen Hülsen. Die Samen im Innern sind im ausgereiften Zustand tiefschwarz, mit einem weissen Nabel, der die Samen helmartig überzieht. Dieser hat der Bohne vermutlich ihren deutschen Namen gegeben. Nach ausreichender Einweichzeit lassen sie sich hervorragend zu Bohnengerichten verwenden.

Helmbohne

Nr. 12: ciminum - Kreuzkümmel (Cuminum cyminum)

Der Kreuzkümmel ist mit dem bei uns heimischen Wiesenkümmel verwandt, stammt aber aus dem nördlichen Afrika. Er wächst in unserem Klima nur kümmerlich und kommt oft nicht zum Blühen. Im 2018 haben wir es geschafft, ihn anzuziehen, er ist aber immer noch winzig klein. Im Osten spielt der Kreuzkümmel als Gewürz eine wichtige Rolle, er ist ein wesentlicher Bestandteil von Curry-Mischungen.

Als Heilpflanze kann der Kreuzkümmel gleich wie unser Wiesenkümmel verwendet werden, bei Blähungen und Völlegefühl. Deshalb übertrug man im Mittelalter den Namen "Kümmel" auf die bei uns heimische Pflanze. Interessanterweise werden aber im Capitulare de villis beide Kümmelarten aufgeführt: ciminum (Nr. 12) und careium (Nr. 14).

Kreuzkümmel-Früchte

Nr. 13: ros marinum - Rosmarin (Rosmarinus officinalis)

Der Rosmarin ist ein bis 1 Meter hoher Kleinstrauch aus dem Mittelmeergebiet, der in unserem Klima nicht vollständig winterhart ist. Seine zart blauen Blüten erscheinen im Frühling an immer neuen Kurztrieben. Wir halten ihn in den frostigen Monaten im ungeheizten Gewächshaus, dort blüht er dann bereits im Winter.

Schon seit dem Altertum wird Rosmarin als Gewürz- und Heilpflanze genutzt. Im Karlsgarten gehört er zusammen mit dem Kümmel und dem Kreuzkümmel zur Gruppe der verdauungsfördernden Kräuter. In der modernen Pflanzenheilkunde hat er dank seiner blutdrucksteigernden und kreislaufstimulierenden Wirkung eine wichtige Stellung. Als Küchengewürz für mediterrane Gerichte sollte er aufgrund seines intensiven Aromas sparsam eingesetzt werden.

Rosmarin

Nr. 14: careium - Kümmel (Carum carvi)

Als "Wiesenkümmel" findet man den Kümmel bei uns häufig auf Wiesen und Weiden in mittleren und höheren Lagen. Seine Früchte sehen ähnlich aus wie die des Kreuzkümmels (Nr. 12), schmecken aber ganz anders. Beide machen schwerverdauliche Speisen wie Fleisch- und Kohlgerichte bekömmlicher, sind aber in unterschiedlichen Gebieten heimisch: Kreuzkümmel im südlichen Europa, Wiesenkümmel im nördlichen Europa.

Kümmelsamen (auf dem Foto noch unreif) enthalten viele ätherische Öle und werden heute in der Pflanzenheilkunde bei Verdauungsbeschwerden mit Blähungen und Völlegefühl eingesetzt, auch bei Säuglingen. Dieselbe aber etwas schwächere Wirkung entfalten auch Fenchel- (Nr. 36) und Anis-Samen (Nr. 19).

Kuemmel

Nr. 15: cicerum italicum - Kichererbse (Cicer arietinum)

Die Kichererbse ist eine wichtige Nutzpflanze des Mittelmeerraums und der Subtropen, die sehr trockenheitsresistent ist. Der Zusatz "italicum" im Capitulare de villis weist auf seine südliche Herkunft hin. Kichererbsen wachsen etwa 1/2 m hoch und buschig aufrecht. Die rundlichen Hülsen enthalten meist 2 grosse Samen, die in unserem Klima jedoch nicht ganz ausreifen.

Heute werden Kichererbsen in mehreren Formen angebaut: Formen mit schwarzen Samen (vulgare) werden hauptsächlich als Futterpflanzen genutzt, Formen mit grossen schwarzen Samen (macrocarpa) geröstet als Kaffee-Ersatz. Die im Detailhandel erhältlichen gelblichen Samen (album) ergeben nach ausreichender Einweich- und Kochzeit ein aromatisches, nussig schmeckendes Erbsengericht. In südlichen Ländern werden daraus verschiedene Nationalgerichte zubereitet.

Kichererbsen

Nr. 16: squillam - Meerzwiebel (Urginea maritima)

Die Meerzwiebel wurde früher zur Gattung Scilla gezählt wurde. Deshalb wird sie in älteren Büchern unter dem Namen Scilla maritima aufgeführt, im Capitulare de villis hat sie den Namen squillam. Sie stammt aus den trockenen Gebieten Afrikas, wo sie mit ihrer Zwiebel die sommerliche Trockenheit überstehen kann. Die Zwiebel ist je nach Form weiss oder rot. Aus ihr entwickel sich eine Blattrosette und ein aufrechter Blütenschaft mit weissen Blüten. Sie ist auch bei uns ziemlich frosthart, wird aber im Winter besser im Topf im kühlen Gewächshaus gehalten.

Die Zwiebel wurde schon im Altertum arzneilich verwendet. Sie enthält herzwirksame Glykoside und wird heute noch in standardisierten Präparaten eingesetzt, bei leichter Herzinsuffizienz und bei eingeschränkter Nierenfunktion. Einer ihrer Inhaltsstoffe wirkt bei Nagetieren als Nervengift. Deshalb wurden Meerzwiebeln lange Zeit für die Herstellung von Rattengift verwendet.

Nr. 17 a: gladiolum - Deutsche Schwertlilie (Iris germanica)

Die deutsche Schwertlilie ist der Prototyp einer Iris. Sie stammt aus dem Mittelmeergebiet und ist bei uns v.a. als Zierpflanze bekannt. Sie besitzt einen kräftigen Wurzelstock, aus dem sich schwertförmige, zweizeilig angeordnete Blätter und die charakteristischen, blauen Blüten entwickeln. Schwertlilien werden heute in vielen verschiedenen Formen und Farben gezüchtet.

Bei den Griechen waren Schwertlilien die Pflanzen der Götterbotin Iris, welche die Seelen der Verstorbenen entlang des Regenbogens ins Land des ewigen Friedens geleitete. Dioskurides rühmte in seinem Kräuterbuch die Heilkraft der "Violwurz", weshalb sie vermutlich auch von Karl dem Grossen in seine Pflanzenliste aufgenommen wurde. Die Schwertlilie wird auch heute noch "Veilchenwurzel" genannt, weil die in feine Scheiben geschnittenen und getrockneten Wurzelsprosse mit zunehmendem Alter einen feinen Veilchenduft verströmen. Volksmedizinisch werden sie in Hustentees verwendet, in der Parfümindustrie zum Binden von Aromen (Fixativ), das ätherische Öl auch als Zusatz zu Likören.

Bartiris

Nr. 17 b: gladiolum - Gladiole, Siegwurz (Gladiolus italicus)

Zur Gattung Gladiolus gehören rund 150 Arten mit knolligen Wurzelstöcken und schwertförmigen Blättern. Sie sind mit den Irisgewächsen verwandt. Neben den kleineren Wildsorten findet man heute in den Gärten viele verschiedene Zuchtformen von Gladiolen (s. Foto). In älteren Schriften wurden die verschiedenen Gladiolenarten meist nicht unterschieden. Im Capitulare de villis dürfte die Wildform Gladiulus italicus gemeint sein, die im Mittelmeerraum verbreitet ist.

Früher wurde der Wurzelstock der Siegwurz so zurecht geschnitzt, dass er der echten Alraune ähnlich sah. Sie wurde von Kriegern als Talisman um den Hals getragen, um unbesiegbar zu sein. Daher hat sie den Namen "Siegwurz" erhalten. Blätter und Wurzeln wurden früher aufgrund ihrer ätherischen Öle und ihres Vitamin-C-Gehalts gegen eine Hauterkrankung (Skrofulose) und als Wundmittel bei Tieren eingesetzt. Heute verwendet man Gladiolen nur noch als Zierstauden. Über den Winter sollten die Knollen bei uns ausgegraben und im Keller trocken gelagert werden.

Schlangenknoeterich

Nr. 18 a: dragantea - Schlangenknöterich (Polygonum bistorta)

Die Namen "Schlangenknöterich", "Schlangenwurz" und lat. "bistorta" beziehen sich auf den dicken, schlangenartig gewundenen Wurzelstock der Pflanze. Aus diesem entspringen weit kriechende Ausläufer, die für die nestartige Ausbreitung der Pflanze sorgen. Im Karlsgarten wird sie durch eine Wurzelsperre an einer übermässigen Ausbreitung gehindert.

Die Wurzel soll von den nordamerikanischen Indianerstämmen früher gleich eingesetzt worden sein wie von antiken und mittelalterlichen Kräuterkundigen: Zur Behandlung von inneren und äusseren Blutungen, bei Verletzungen und Vergiftungen. In der Volksmedizin werden Teezubereitung des Rhizoms noch heute bei Durchfällen und als Gurgelmittel bei Entzündungen des Mund- und Rachenraums eingesetzt. Für die Wirkung ist der hohe Gerbstoffgehalt des Rhizoms verantwortlich.

Schlangenknoeterich

Nr. 18 b: dragantea - Estragon (Artemisia dracunculus)

Estragon ist eine bekannte Gewürzpflanze, von der es zwei Sorten gibt: Der robustere russische Estragon und der etwas kälteempfindlichere, zierlichere aber geschmacklich wesentlich bessere französische Estragon. Die schmalen Blätter und kleinen Blütenköpfchen duften schwach aromatisch. Das intensivste Aroma entwickeln die Pflanzen im Spätsommer.

Gemäss Berichten würzten schon die Chinesen um 2000 v. Chr. ihre Speisen mit Estragon. Später wurde die Pflanze nach Europa gebracht. Aufgrund eines falsch verstandenen Namens (aus "tarcon" wurde "drago") meinte man früher, dass das Kraut Drachen und Schlangen vertreibt. Aus dem französischen Küchenkraut "herbe au dragon" wurde der heutige Namen "Estragon". Heute noch ist es das klassische Würzkraut der französischen Küche, es ist Bestandteil der berühmten "fines herbes", neben Kerbel, Petersilie und Schnittlauch. Estragon eignet sich nicht zum Trocknen, deshalb wird das Kraut oft in Kräuteressig angesetzt.

Estragon

Nr. 19: anesum - Anis (Pimpinella anisum)

Anis ist eine einjährige Pflanze aus dem Mittelmeerraum. Seine Blätter sind vielgestaltig: die unteren sind fast rund und ungeteilt, weiter oben zunehmend feiner geteilt. Darüber sitzen die typischen weissen Doldenblüten, aus denen im Herbst die zweispaltigen Früchte heranreifen. Der charakteristische würzig-süssliche Geschmack, den Sie bestimmt von den Anisguezli her kennen (z.B. Chräbeli), entwickelt sich erst richtig bei der Lagerung.

Schon die Ägypter kannten Anis als Gewürz- und Heilpflanze. Er war auch Bestandteil des griechischen Wundergetränks "Theriak", das bei fast allen Krankheiten helfen sollte. Heute werden einige Liköre mit Anis hergestellt (z.B. Pastis, Pernod). In der modernen Phytotherapie setzt man gequetschte Anissamen ähnlich wie Kümmel- und Fenchelsamen ein. Dabei steht der Anis bezüglich Wirkung stets "an zweiter Stelle", wird wegen seines guten Geschmacks aber gerne beigemischt: Bei krampfartigen Verdauungsstörungen mit Blähungen sowie bei Entzündungen der oberen Atemwege mit Husten.

Anis

Nr. 20 a: coloquentidas - Koloquinte (Citrullus colocynthis)

Die Koloquinte wächst als mehrjährige Pflanze wild in dürren Steppen im Mittelmeergebiet sowie in Gebieten Asiens. Bei uns kann sie wie die meisten Kürbisgewächse nur als einjährige Pflanze kultiviert werden.

Die runden, grünen, orangengrossen Früchte reifen meist nur im Gewächshaus heran. Die lederartige Rinde umschliesst ein widerlich bitteres Fruchtfleisch, das der Pflanze ihren Namen gegeben hat. colocynthis ist zusammengesetzt aus colon (= Eingeweide) und kineein (= bewegen), was zusammengesetzt die Wirkung der Frucht beschreibt: Sie ist ein drastisches Abführmittel, das in grösseren Mengen zu Entzündungen des Verdauungskanals und zu Koliken führen kann.

Koloquinthe

Nr. 20 b: coloquentidas - Zweihäusige Zaunrübe (Bryonia dioica)

Mit coloquentidas war im Capitulare de villis vielleicht nicht die Koloquinte, sondern die ebenfalls giftige Zaunrübe gemeint. Sowohl der Name Zaunrübe wie auch der aus dem Griechischen stammende Namen Bryonia (= Kletterpflanze) deuten auf die 2-3 m hoch kletternden Ranken dieses ausdauernden Kürbisgewächses hin. Die etwa 1 cm grossen Beeren der zweihäusigen Zaunrübe (Bryonia dioica) sind im reifen Zustand rot, diejenigen der hier abgebildeten weissen Zaunrübe hingegen (Bryonia alba) sind schwarz. Sie sind wie die ganze Pflanze stark giftig!

Die Wurzeln wurden früher wie die Koloquinthenfrüchte als drastisches Abführmittel eingesetzt. Denn im Mittelalter waren die Ärzte der Auffassung, dass jeder Körper vor einer Behandlung gereinigt, d.h. purgiert werden müsse. Heute wird aus der Zaunrübe ein homöopathisches Mittel bereitet. Spezielle Extrakte werden auch in einigen Fertigarzneimitteln verwendet.

Zaunruebe

Nr. 21: solsequiam - Ringelblume (Calendula officinalis)

Die Ringelblume mit ihren leuchtend gelben oder orangen Blütenköpfchen ist eine beliebte Bauerngartenblume. Als Heilpflanze wird sie heute vor allem in Salben gegen Hautprobleme eingesetzt. Mit ihren antiseptischen und heilenden Eigenschaften verhindert sie bei Hautverletzungen oder Abschürfungen die Ausbreitung von Infektionen und beschleunigt die Wundheilung. Bei einer Allergie auf Korbblütler (z.B. Arnika) sollten Ringelblumensalben allerdings nicht verwendet werden.

Vermutlich stammt die Ringelblume von der im Mittelmeerraum heimischen Acker-Ringelblume ab. Schon in frühen Kulturen war sie als Heilkraut sowie als Färbepflanze bekannt. So wurden ihre kräftig gelben Blütenblätter auch gerne als Safranersatz verwendet. Im frühen Mittelalter, d.h. zu Zeiten Karl des Grossen war sie nördlich der Alpen vermutlich noch nicht bekannt. Aber seit dem hohen Mittelalter wird sie in ganz Europa als Gewürz-, Arznei-, Garten- und auch als Zauberpflanze verwendet.

Ringelblume

Nr. 22 a: ameum - Ammei (Ammi copticus, Trachyspermum copticum)

Der "echte" Ammei oder Ajowan ist in Indien heimisch. Er ist mit unserem Kümmel und der Karotte verwandt und sieht auch ähnlich aus: Die oberen Blätter sind in feinste Fiederchen unterteilt. Aus den kleinen weissen, doldenförmig angeordneten Blüten entwickeln sich aromatisch duftende, eiförmige Früchte. Weil die Früchte rauhaarig sind, erhielt die Pflanze den heute gültigen Gattungsnamen Trachyspermum.

Die Früchte des Ammei wurden auf den mittelalterlichen Märkten als wohlriechendes, exotisches Gewürz gehandelt. Von Dioskorides wurde der Ammei auch "Aethiopischer Kümmel" genannt. In der ayurvedischen Medizin wird Ajowan noch heute eingesetzt, ebenso in der orientalischen Küche. Die Ajowan-Früchte enthalten ein ätherisches Öl, das fast zur Hälfte aus Thymol besteht. Wir kennen diesen Duft vom Thymian her, der aufgrund seiner desinfizierenden Wirkung insbesondere bei Erkältungen erfolgreich eingesetzt wird.

Mit ameum meinte Karl der Grosse vielleicht auch den Bärwurz (Meum athamanticum): Eine Alpenpflanze, die mit der Mutterwurz eng verwandt ist (vgl. Nr. 33a).

Ammei

Nr. 22 b: ameum - Bärwurz (Meum athamanticum)

Der Bärwurz ist ein mehrjähriger Doldenblütler. Sein Gattungsname Meum geht wahrscheinlich auf das altgriechische Wort meon zurück, das von maia (= Amme/Hebamme) oder meion (= kleiner) entstanden sein soll. Der Artname athamanticum soll auf den König Athamas von Orchomenos zurückgehen, den die Göttin Hera in Raserei versetzt hatte. Der Name Berwurtz erscheint zum ersten Mal im 12. Jahrhundert in der Physica der Hildegard von Bingen. Die Herkunft des deutschen Namens Bärwurz ist nicht klar. Die einen halten Ge"bär"wurz für die Urform (wegen der Verwendung der Pflanze in der Frauenheilkunde, regional ist auch der Name Bärmutterkrut gebräuchlich), die anderen sehen Ähnlichkeit zwischen einem Bärenfell und den zottig aussehenden Blattresten an den getrockneten Wurzeln.

Bärwurz hat einen starken Geruch nach Fenchel, der auch noch nach dem Trocknen vorhanden ist. Früher wurden deshalb Fenchelfrüchte mit Bärwurzfrüchten verfälscht. Die Bärwurzwurzel wird in der Volksmedizin als verdauungsförderndes Mittel eingesetzt. Wie beim Ammei ( Nr. 22 a) erwähnt, ist nicht klar, ob Karl der Grosse mit ameum den Bärzwurz oder den Ammei (Ajowan) meinte .

Bärwurz

Nr. 23: silum - Bergkümmel (Laserpitium siler)

Der Bergkümmel (Berg-Laserkraut, Seselkraut) gehört wie der Ammei zu einer Reihe von sehr ähnlich aussehenden Doldengewächsen, die alle kümmel- oder fenchelartig riechen. Im Unterschied zum Kümmel ist der Bergkümmel allerdings ausdauernd und besitzt ziemlich grosse, längliche Blattfiedern.

Die Früchte des Bergkümmels weisen 4 Flügel auf. Sie galten früher - wie die Kümmel- und Fenchelfrüchte - als erwärmendes und verdauungsförderndes Mittel. Sie schmecken allerdings etwas bitterer und schärfer. Als Teeaufguss lindern sie Magen- und Bauchschmerzen. Heute wird Bergkümmel kaum mehr verwendet, da er ziemlich selten ist. Kümmel, Liebstöckel und Fenchel sind viel einfacher zu kultivieren und können ähnlich verwendet werden.

Bergkuemmel

Nr. 24: lactucas - Lattich (Lactuca sativa)

Der Lattich wurde bereits von den Ägyptern angebaut und als Salat oder Gemüse verzehrt. Danach breitete er sich über die ganze griechische und römische Welt aus. Die Römer nannten ihn wegen seinem weissen Milchsaft lactuca. Dieser Milchsaft ist vor allem im aufgeschossenen Blütenschaft enthalten und schmeckt bitter. Weil er psychoaktive, beruhigende Wirkstoffe enthält, wurden die milchsaft-reichen Teile des Lattichs von den Römern als schlafförderndes Gemüse geschätzt. Der mit dem Gartenlattich verwandten Giftlattich (Lactuca virosa) kommt bei uns auch wild vor. Er enthält dieselben psychoaktiven Inhaltsstoffe und wurde deshalb in neuerer Zeit als "Haschischersatz" verwendet.

Bei uns wird der Lattich in verschiedenen Zuchtformen angebaut (z.B. Pflücksalat, Schnittsalat, römischer Salat, Kopfsalat). In den Salatblättern sind fast keine der psychoaktiven Wirkstoffe enthalten. Problematisch ist heute eher deren hohe Nitratgehalt: Am tiefsten ist der Gehalt bei biologisch angebautem, in der Sonne wachsendem Salat, der gegen Abend geerntet wurde.

Giftlattich_Bluete

Nr. 25: git - Schwarzkümmel (Nigella sativa)

Bei uns ist vor allem der Garten-Schwarzkümmel (Nigella damascena) als "Jungfer im Grünen" bekannt. Sie ist die klassische Symbolblume der verschmähten Liebe: Junge Frauen gaben früher den nicht erwünschten Freiern ihre Ablehnung mit dieser Blume zu verstehen. Aus den zierlichen Blüten des Schwarzkümmels entwickeln sich schwarze, harte, dreikantige, ölreiche Samen, die der Blume die Namen Schwarzkümmel und Nigella verliehen haben.

Die Samen wurden bereits in der Antike als vielseitiges Gewürz für Brot und Kuchen verwendet, weil sie verdauungsfördernde Eigenschaften besitzen. Heute wird der Schwarzkümmel vor allem in Ägypten feldmässig angebaut. Aus den Samen gewinnt man ein Öl, das reich an essentiellen Fettsäuren ist. Auch wenn das Schwarzkümmelöl bei uns nicht als Heilmittel, sondern als Nahrungsergänzungsmittel eingestuft ist, wird es von der Naturheilkunde u.a. bei Allergien und zur Regulierung des Immunsystems eingesetzt.

Schwarzkuemmel_Bluete

Nr. 26: eruca alba - Rucola, Ölrauke (Eruca sativa)

Manche kennen Rucola als Salatpflanze, die bei uns einjährig wächst und manchmal auch überwintert. Im Mittelmeergebiet wächst diese scharf schmeckende Gewürzpflanze wild und wird seit dem Altertum angebaut. Dioskurides bezeichnete die Pflanze als Weissen Senf und empfahl ihn als verdauungsförderndes und harntreibendes Heilkraut.

Die Samen und grünen Teile der Ölrauke liefern ein fettes Öl (Raukenöl), dessen Fettsäure (Erucasäure) für den scharfen Geschmack verantwortlich ist. Die Samen können für die Herstellung von Senf und scharfen Saucen verwendet werden. Die Blättchen werden als Salat gegessen (Rucola-Salat aus Italien) oder als Würze an Blattsalate gegeben. Rucola schmeckt scharf-würzig und ist nicht jedermanns Geschmack.

Rucola_Bluete

Nr. 27: nasturtium - Brunnenkresse (Nasturtium officinale)

Die echte Brunnenkresse wächst weit kriechend an Ufern von Bächen und Gräben, am liebsten in fliessendem Wasser. An den Blattachseln entspringen oft Wurzeln, die im Wasser ein dichtes Geflecht bilden. Die Blätter bleiben auch im Winter grün, sofern sie nicht in einfrierendem Wasser absterben. Mit ihrem scharfen Kressegeschmack sind die vitaminreichen Blätter in der kalten Jahreszeit eine willkommene Salatbeigabe. Der scharfe Geschmack gab der Pflanze vermutlich auch ihren lateinischen Namen (nasus tortus heisst so viel wie "gerümpfte Nase").

Die Brunnenkresse wurde vermutlich schon in der Antike als Heilpflanze verwendet. Auch heute wird sie in der Naturheilkunde bei Husten und Bronchitis eingesetzt. Ihre Wirkung beruht neben dem Vitamin C-Gehalt vor allem auf den antibiotisch wirkenden Senfölen, die man auch im Meerrettich und in der Kapuzinerkresse findet.

Brunnenkresse_Fruechte

Nr. 28: parduna - Grosse Klette (Arctium lappa)

Die grosse Klette ist eine typische zweijährige Pflanze: Im ersten Jahr bildet sie eine Rosette mit Blättern, im zweiten Jahr einen bis 150 cm langen, verzweigten Stängel, an dem sich die Blütenstände und später die kugeligen "Klettfrüchte" entwickeln. Diese Früchte bleiben mit ihren Widerhäkchen an Kleidung und Fell kleben und werden so verbreitet. Dieses "Klettprinzip" lieferte das natürliche Vorbild des heutigen Klettverschlusses.

Im Mittelalter wurde die grosse Klette als Heilpflanze verwendet. Auch heute werden das etwas bitter schmeckende Laub und die leicht süssen, schleimigen Wurzeln zu Heilzwecken eingesetzt: Zur Ausscheidung von Giftstoffen, z.B. bei Infektionen und bei Hautproblemen. Die im Herbst/Winter des ersten Jahrs geernteten Wurzeln lassen sich roh oder gekocht als Gemüse verwenden. Im zweiten Jahr können auch die Stiele junger Blätter als Gemüse gegessen werden.

Grosse_Klette_Fruchtstand

Nr. 29: puledium - Polei-Minze (Mentha pulegium)

Die Polei-Minze unterscheidet sich von den anderen einheimischen Minzen-Arten durch ihr schwächeres Wachstum, die kleinen Blätter und ihre kompakten Teilblütenstände. Im Unterschied zu den anderen Minzen-Arten bevorzugt sie eher trockene Böden. Sie breitet sich mit langen, auf dem Boden liegenden Trieben aus.

Früher glaubte man, dass die Pflanze Flöhe vertreiben kann, woher der Name "pulegium" stammt (lat. pulex = Floh). Sie war im Mittelalter auch eines der bekanntesten Abtreibungsmittel. Diese Wirkung lässt sich heute auf ihr ätherisches Öl zurückführen, das vor allem Pulegon enthält, und nicht das für Minzen typische Menthol. Pulegon besitzt nicht nur abtreibende Wirkung, sondern ist auch ein Lebergift. Deshalb wird die Polei-Minze bei uns nicht mehr als Heilmittel verwendet.

Poleiminze_Bluete

Nr. 30: olisatum - Pferde-Eppich (Smyrnium olusatrum)

Der Pferde-Eppich wurde in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet (Mittelmeerraum) bereits in vorchristlicher Zeit verwendet. Vor allem die grossen Blattstiele wurden als Gemüse zubereitet, sie ähneln in Geschmack und in der Konsistenz dem Staudensellerie. Die aromatischen Früchte wurden als Gewürz genutzt und als blutreinigendes und harntreibendes Heilmittel eingesetzt.

Der Pferde-Eppich erhielt im Laufe der Zeit viele verschiedene Namen (z.B. hipposelinon, olisatrum, alexandrinum). Im Mittelalter war seine Kultur vermutlich auch bei uns weit verbreitet. Danach wurde er durch den Sellerie ersetzt, der weniger frostempfindlich ist. Heute wird der Pferde-Eppich auch im Mittelmeerraum nicht mehr kultiviert.

Pferdeeppich_Kraut

Nr. 31: petresilinum - Petersilie (Petroselinum crispum)

Im Mittelalter schätzte man die Petersilie als Heilpflanze gegen Verdauungsstörungen und Erkrankungen der Harnwege. In der Volksmedizin galt sie als sog. Aphrodisiakum. Deshalb gibt es In manchen mittelalterlichen Städten heute noch Petersilienstrassen im Prostituiertenviertel. Wurzeln und Samen wurden früher in hohen Dosen als Abtreibmittel verwendet. Auch galt die Petersilie früher als Zauberkraut, das sowohl Glück als auch Unglück bringen konnte.

Heute ist Petersilie eines der wichtigsten Würzkräuter. Sie wird in verschiedenen Varietäten angebaut und ist reich an Vitamin A, C sowie Eisen. Am aromatischsten ist die glatte, italienische Petersilie. Die Blätter sollten stets frisch verwendet werden, beim Trocknen und Gefrieren verlieren sie an Aroma. Von der Knollenpetersilie kann man auch die Wurzel (Petersilienwurzel) zum Kochen verwendet werden.

Vor allem die Samen wirken harntreibend und krampflösend. Aufgrund ihrer nierenreizenden und abtreibenden Wirkung werden sie heute nicht mehr verwendet. Das Kraut und die Wurzeln hingegen werden zur Durchspülungstherapie (bei Harnwegsentzündung und Nierengriess) eingesetzt. Als Küchengewürz erreicht Petersilie diese Wirkung jedoch nicht und kann auch während der Schwangerschaft unbedenklich genossen werden.

Pferdeeppich_Kraut

Nr. 32: apium - Sellerie (Apium graveolens)

Sellerie gehört wie Petersilie, Karotte und Pastinake zur Familie der Doldenblütler. Es sind alles zweijährige Pflanzen, die im ersten Jahr eine Blattrosette bilden und im zweiten Jahr einen hohen Blütenschaft mit weissblütigen Dolden.

In Deutschland wurde der Sellerie früher Eppich genannt. Als Gewürz hat er eine lange Tradition. In der Antike wurde ein Selleriekranz als Symbol des Sieges getragen, er wurde aber auch im Totenkult eingesetzt. Im Mittelalter war Sellerie vor allem eine Arzneipflanze, deren Blätter, Stängel und Wurzeln gegessen wurden. In dieser Zeit wurden auch Bleich- und Knollensellerie herausgezüchtet. Heute wird vor allem die Wurzel verwendet, in Suppen, Fonds, auch als wichtigster Bestandteil des "Waldorf-Salats".

Sellerie besitzt eine harntreibende, krampflösende und antiseptische Wirkung. Als Gemüse oder als Gewürz gegessen, kann er deshalb bei Blasenleiden und bei rheumatischen Beschwerden helfen. Vorsicht: Während der Schwangerschaft, bei Nierenentzündung und vor allem bei bekannter Allergie auf Sellerie sollte darauf verzichtet werden.

Pferdeeppich_Kraut

Nr. 33 a: levisticum - Mutterwurz (Ligusticum mutellina)

Die Mutterwurz ist ein ausdauernder Vertreter der Doldengewächse. Ihr Kennzeichen sind der dichte Faserschopf am Wurzelstock-Hals sowie die intensive Rotfärbung der Blütenknospen. Sie wächst auch heute noch auf alpinen Weiden bis über die Waldgrenze hinauf. Wenn Kühe sie auf den Alpen fressen (was heute nur noch selten der Fall ist), steigert sie die Qualität und Menge der Kuhmilch und macht die Alpenmilch aromatischer.

Im Lauf der Zeit wandelte sich der Name Ligusticum über Libysticum zu Levisticum. Es ist deshalb nicht klar, ob Karl der Grosse mit levisticum die Mutterwurz oder den Liebstöckel (s. unten) gemeint hat. Die Mutterwurz ist mit dem Bärwurz (Nr. 22b) eng verwandt, der ebenfalls auf Alpweiden wächst und intensiv würzig nach Fenchel riecht. Die Wurzeln und Früchte beider Arten wurden früher bei Verdauungsstörungen und Blähungen eingesetzt. Der deutsche Namen Mutterwurz bezieht sich auf deren Anwendung bei Frauenleiden.


Mutterwurz-Bluete

Nr. 33 b: levisticum - Liebstöckel (Levisticum officinale)

Der Liebstöckel ist eine stattliche Pflanze, die wegen ihres Geschmacks auch Maggikraut genannt wird. Er wurde schon seit dem Mittelalter in Klostergärten kultiviert. Wie der deutsche Name vermuten lässt, wurde der Liebstöckel in der Volksmedizin nicht nur zur Verdauungsförderung, sondern auch als lustförderndes Mittel verwendet.

Heute wird die Wurzel des Liebstöckels als harntreibendes und krampflösendes Mittel bei Harnleiden eingesetzt. Bei längerer Anwendung sollte wegen seiner photosensibilisierenden Eigenschaft auf intensives Sonnenbaden verzichtet werden. In der Küche werden vor allem die jungen Blätter des Liebstöckels in Suppen, Eintöpfen, Salaten oder Kräutersossen verwendet. Sie verleihen ihnen den typischen "Maggigeschmack".

Liebstöckel-Blüte

Nr. 34: savinam - Sadebaum (Juniperus sabina)

Der Sadebaum ist ein dichter, niederliegend und breit wachsender Strauch, der mit dem Wacholder eng verwandt ist. Er wird auch Stink-Wacholder genannt und ist in allen Teilen stark giftig! Sein ätherisches Öl erzeugt starke Gebärmutterkrämpfe, deshalb wurde er im Altertum als Abtreibungsmittel verwendet. Weil dies für die werdende Mutter oft nicht gut ausging, erhielt der Sadebaum den Volksnamen Jungfernrosmarin (Rosmarin ist die Blume der Trauer). Das ätherische Öl des Sadebaums wirkt auch auf den Magen-Darm-Trakt, die Nieren und die Haut stark reizend. Deshalb verwendete man es früher, um Warzen und Feigwarzen zu entfernen.

Heute wird der Sadebaum nicht mehr verwendet. Weil er Überträger des Birnenrosts ist (einer Krankheit unserer Kulturbirnen), wurde sein Anbau teilweise sogar verboten.

Sadebaum

Nr. 35: anetum - Dill (Anethum graveolens)

Der Dill ist eine etwa 1 m hohe, einjährige Gewürzpflanze, die mit ihren feingliedrigen Blättern dem Fenchel ähnlich sieht (vgl. Nr. 36). Die Dolden des Dills sind gelb und flach, die fadendünnen, von einer Wachsschicht überzogenen Blätter deuten auf seine südliche Herkunft hin (verdunstungshemmende Anpassung). Seit dem frühen Mittelalter bauten die Benediktinermönche den Dill auch im Norden und Osten Europas an. Denn erstaunlicherweise wächst er auch im Norden sehr gut. In Skandinavien und an der Nordseeküste wird Dill seit langem für Gewürzgurken (deshalb Gurkenkraut) und Fischsossen verwendet.

Als Gewürz für Salate werden die während der Blüte geernteten Blätter frisch verwendet. Beim Trocknen oder Kochen verlieren sie ihren Geruch. Für Suppen oder Gemüsegerichte werden die Fruchtstände und Stängel eingesetzt, denn diese behalten beim Kochen ihr Aroma.

Dill-Blüte

Nr. 36: fenicolum - Fenchel (Foeniculum vulgare)

Fenchel wird in verschiedenen Varietäten angebaut. Neben dem als Gemüse genutzten Knollenfenchel gibt es den zwei- bis mehrjährigen Gewürz- oder Teefenchel. Seine feingliedrigen Blätter ähneln denjenigen des Dills (vgl. Nr. 35). Mit 80 bis 150 cm wird der Fenchel allerdings grösser und wächst in allen Teilen kräftiger als der Dill. Die gelben Blüten formen eine etwas unregelmässigere Doppeldolde.

Bereits die Ägypter kannten den Fenchel. Die Griechen und Römer bauten ihn in mehreren Sorten an und verwendeten ihn als Gewürz zu fast allen Gerichten.

Heute wird der Fenchel einerseits in der Küche verwendet. Die Knolle des Gemüsefenchels wird in erster Linie gekocht. Die Blätter und Samen des Gewürzfenchels werden zu Gemüsen, Salaten und als Brotwürze genutzt. Der Gewürzfenchel wird aber in erster Linie als Heilpflanze geschätzt: Die Samen wirken wie diejenigen von Kümmel und Anis blähungswidrig und krampflösend. Mit Fencheltee, -sirup oder -honig kann zahnenden oder unter Koliken leidenden Säuglingen geholfen werden. Fenchel wird auch zur Stimulation der Milchsekretion eingesetzt. Die Fenchelsamen enthalten ätherisches Öl, das bei den verschiedenen Fenchelarten etwas unterschiedlich zusammengesetzt ist. Das daraus gewonnene Anethol wird auch industriell in Süss- und Backwaren, in Zahncremes, Seifen und Likören verwendet.

Gewürzfenchel

Nr. 37: intubas - Wegwarte (Cichorium intybus)

Die mehrjährige Wegwarte entwickelt im Frühling zunächst eine bodenständige Blattrosette. Im Unterschied zu den in diesem Stadium sehr ähnlich aussehenden Löwenzahnblättern sind die Wegwartenblätter auf den rückseitigen Blattnerven meist behaart. Später entwickelt sich aus der Rosette ein sparrig verzweigter Stängel mit auffallend blauen Blüten. Die Blüten sind nur am Vormittag geöffnet, sie schliessen sich stets um dieselbe Uhrzeit (bei uns etwa um 11 Uhr). Aus diesem Grund benutzte Linné sie für seine berühmte Blumenuhr.

Die Wegwarte wurde schon früh als Gemüse und Heilpflanze genutzt. Im 18. Jh wurde ihr Anbau gefördert, weil sich aus ihrer Inulin-haltigen Wurzel durch Rösten ein kaffeeähnliches Getränk herstellen lässt. Dieser sog. Zicchorienkaffee besitzt nicht die anregende Wirkung von Kaffee und wird im Rheinland auch Muckefuck genannt (von frz. Mocca faux = falscher Mokka).

Als Kaffeeersatz spielt die Wegwarte bzw. Zicchorie heute keine Rolle mehr. Bekannt sind die daraus entwickelten Salatsorten Chicorée und Radicchio rosso. Die Wegwartenwurzel wird aufgrund ihrer Bitterstoffe auch therapeutisch eingesetzt: Bei Verdauungsstörungen, Appetitlosigkeit und Leber- oder Gallenleiden.

Wegwarten-Blüten

Nr. 38: diptamnum - Diptam (Dictamnus albus)

Diptam gehört wie die Zitrone und die Weinraute zu den Rautengewächsen. Es erstaunt deshalb nicht, dass seine dunklen, gefiederten, ledrigen Blätter aromatisch nach Zitrone duften. Im Frühsommer bildet er grosse Trauben von rosa Blüten. Die Frucht ist sternförmig und mit klebrigen, duftenden Drüsenhärchen besetzt. Aufgrund seiner weissen Wurzel wird der Diptam auch Weisswurz, Elfenbeinwurz oder Totenbein genannt.

Diptam wurde in der Antike sehr verehrt. Seine Wurzel wurde unter anderem zur Wundheilung eingesetzt sowie als geburtsförderndes Mittel. Bis heute hält sich das Gerücht, dass der Strauch sich bei heissem Wetter selbst entzünden kann. Auch wenn die ganze Pflanze einen hohen Gehalt an leicht flüchtigen, ätherischen Ölen hat, lässt sich Diptam aber auch bei sommerlicher Hitze nicht entzünden.

Als Heilwirkung werden dem Diptam pilz- und bakterienhemmende sowie fiebersenkende Eigenschaften zugeschrieben, was bei dem hohen Gehalt an ätherischen Ölen verständlich erscheint. Von der Schulmedizin wird er heute nicht mehr verwendet. Zu beachten ist, dass der Blattsaft auf der Haut - unter Einwirkung des Sonnenlichts - photoallergische Reaktionen hervorrufen kann.

Diptam-Früchte

Nr. 39: sinape - Weisser Senf (Sinapis alba)

Für die Herstellung von Tafelsenf werden die Samen von drei Pflanzen verwendet, die sich sehr ähnlich sehen: Weisser Senf (Sinapis alba), schwarzer Senf (Brassica nigra) und brauner Senf (Brassica juncea). Bei uns wird vor allem der weisse Senf angebaut, zur Gründüngung, als Futterpflanze, zur Senfherstellung und zur Ölgewinnung.

Die eiweissreichen Samen enthalten bis zu 30% Öl, das als Speiseöl verwendet werden kann, wenn man es von seinen Bitterstoffen befreit. Auch bei der Herstellung von Tafelsenf wird den gereinigten Samen ein Teil der Bitterstoffe entzogen, bevor sie zu Senfmehl vermahlen werden. Aus diesem Senfmehl werden durch Zugabe von Flüssigkeit (z.B. Essig, Most) und Gewürze die verschiedenen Tafelsenf-Arten hergestellt. Die unterschiedliche Schärfe beruht auf der Mischung der drei Senf-Arten: Die Samen des braunen Senfs sind schärfer als diejenigen des weissen Senfs.

Senf wurde schon seit Jahrtausenden als Würz- und Heilkraut verwendet. Bereits die antiken Völker wussten über die Herstellung von Tafelsenf Bescheid. In Form von Pflastern oder Umschlägen wurde der Senf schon damals therapeutisch eingesetzt, bei Erkältung und rheumatischen Beschwerden. Wie man heute weiss, wirken die scharfen Senfölglykoside hautreizend und durchblutungsfördernd. Bei Einnahme der (nicht erhitzten) Senfsamen wirken sie antibakteriell auf die Atemwege und auf die Nieren.

Weisser-Senf-Blüte

Nr. 40: satureiam - Bohnenkraut (Satureja hortensis)

Vom Bohnenkraut gibt es zwei Arten: Das einjährige Sommer-Bohnenkraut (Satureja hortensis, s. Foto) und das zweijährige Winter- oder Bergbohnenkraut (Satureja montana). Beide Arten können gleich verwendet werden.

Die Römer kultivierten das Bohnenkraut als erste. Sie schätzten seine verdauungsfördernde Wirkung so sehr, dass sie es in die eroberten Gebiete mitnahmen, wonach es in ganz Mitteleuropa heimisch wurde. Die ersten Auswanderer nahmen es dann nach Amerika mit und führten im Gegenzug die grünen Bohnen nach Europa ein. Zu Zeiten von Karl dem Grossen waren die grünen Bohnen in Europa nämlich noch nicht bekannt, sondern nur die im Karlsgarten angebauten Bohnenarten (z.B. Schlangenbohne, Dicke Bohne, Helmbohne).

Heute gilt Bohnenkraut als Spezialgewürz, mit dem Bohnengerichte geschmackvoller und vor allem verträglicher zubereitet werden. Es eignet sich auch für herzhafte Fleischgerichte und ist Bestandteil der „Herbes de provence“ (neben Thymian, Rosmarin und Oregano). Insbesondere das Bergbohnenkraut hat einen etwas herben, intensiven Geschmack, weshalb man es eher sparsam verwenden bzw. nicht zu lange mitkochen sollte.

Als Heilpflanze verwendet man Bohnenkraut bei Verdauungsbeschwerden und Durchfall, es wirkt blähungswidrig, antiseptisch und adstringierend.

Einjähriges-Bohnenkraut-Blüten

Nr. 41: sisimbrium - Wasserminze (Mentha aquatica)

Die Wasser- oder Bachminze besiedelt nasse, zeitweise überschwemmte Orte und kriecht mit langen Ausläufertrieben über den Boden. Sie wurde bereits in der Antike als Heilpflanze genutzt.

Sie enthält wie alle Minzen ätherisches Öl sowie Gerbstoffe und Bitterstoffe. Auch heute ist die Minze eine bekannte Heilpflanze, die bei Übelkeit und Brechreiz in Form von Tee getrunken wird. Das ätherische Öl wirkt auf der Haut kühlend und kann – auf die Schläfen aufgetragen – Kopfschmerzen lindern.

Man geht heute davon aus, dass die – im Mittelalter noch nicht bekannte – Pfefferminze als Bastard zwischen der Ährenminze (Nr. 42) und der Wasserminze entstanden ist.

Wasserminzen-Blüten

Nr. 42: mentam - Ährenminze (Mentha spicata)

Die Ährenminze kriecht ebenfalls mit Ausläufern über den Boden. Ihre Blätter sind deutlich gesägt. Im Unterschied zur Rossminze (Nr. 43) sind sie beidseits kahl und haben ein frischgrünes Aussehen. Deshalb wird sie auch Grüne Minze genannt.

Die Ährenminze wurde seit Urzeiten fast überall in Europa und Afrika kultiviert. In Afrika gilt ein Minzentee als Zeichen besonderer Gastfreundschaft. Die krause Variante der Ährenminze wird in England und Amerika „spearmint“ genannt und hat dem entsprechenden Kaugummi seinen Namen gegeben.

Von der Ährenminze gibt es eine Vielzahl von Arten, Formen und Sorten. Die heute bekannte Pfefferminze ist vermutlich als Bastard zwischen der Ähren- und der Wasserminze (Nr. 41) entstanden. Typisch für eine solche Hybridform ist, dass sie nur vegetativ über Ausläufer vermehrt wird, und dass sie den weitaus höchsten Mentholgehalt hat. Zu therapeutischen Zwecken wird heute deshalb nicht die Ährenminze oder Wasserminze sondern die Pfefferminze verwendet (Mentha x piperita).

Ährenminzen-Blüten

Nr. 43: mentastrum - Rossminze (Mentha longifolia)

Die Rossminze breitet sich – im Unterschied zur Wasser- und Ährenminze - nicht mit oberirdischen, sondern mit unterirdischen Ausläufern aus. Ihre Blätter sind unterseits dicht behaart. Bei uns ist sie auf feuchten Böden in den Bergen heimisch.

Die Inhaltsstoffe und die Wirkungen der Rossminze sind dieselben wie bei den anderen Minzen. Die kandierten Blätter werden vor allem in der asiatischen Küche verwendet. Aufgrund des niedrigeren Mentholgehalts hat sie aber eine weitaus schwächere Wirkung als die bekannte Pfefferminze. Heute geht man davon aus, dass die Ährenminze (Nr. 42) aus der Rossminze und der rundblättrigen Minze entstanden ist.

Rossminzen-Blüten

Nr. 44: tanazitam - Rainfarn (Tanacetum vulgare)

Der Rainfarn ist eine horstbildende, ausdauernde Pflanze mit einem charakteristischen, kampferartigen Geruch. Die farnartig gefiederten Blätter haben ihm vermutlich den deutschen Namen verliehen. Die kleinen, goldgelben Blütenköpfchen besitzen – im Unterschied zu vielen anderen Korbblütlern – keine Zungenblüten.

In germanischen Zeiten besass der Rainfarn vermutlich kultische Bedeutung. In der Pflanzenliste von Karl dem Grossen wurde er zum ersten Mal schriftlich erwähnt. Man verwendete ihn offenbar zu Heilzwecken, zum Beispiel bei Wurminfektionen.

Insbesondere aus den Blütenköpfchen kann ein hochwirksames ätherisches Öl gewonnen werden, das in variierenden Mengen giftiges Thujon enthält. Aus diesem Grund darf der Rainfarn auf keinen Fall innerlich verwendet werden. Ein Rainfarn-Tee kann aber im Garten zur Abwehr von Pflanzenschädlingen eingesetzt werden .

Wasserminzen-Blüten

Nr. 45: neptam - Katzenminze (Nepeta cataria)

Trotz ihres deutschen Namens ist die Katzenminze keine Minzenart, sondern eine eigene Gattung. Im Unterschied zu den Minzen bildet sie keine Ausläufer und ist dicht-filzig behaart. Sie hat schmutzigweisse Blüten.

Die Katzenminze besitzt einen Inhaltsstoff (Actinidin), der eine stimulierende Wirkung auf Katzen hat. Vor allem im Frühling wälzen sich die Katzen ausgiebig in den jungen Trieben und fressen sie, so dass kleine Pflanzen ohne Schutz meist zugrunde gehen. Sie ist eine alte Heilpflanze, die Römer kannten sogar drei Arten von Katzenminzen. Auch die starke Anziehungskraft auf Katzen wurde schon im Mittelalter beschrieben.

Die Katzenminze enthält ätherisches Öl und gilt als bitteres, adstringierendes, kühlendes Kraut mit kampferartigem Aroma. Es wirkt fiebersenkend, krampflösend, schweisstreibend und beruhigend. Durch den angenehmen Geschmack und die sanfte Wirkung ist sie für Kinder bei Erkältung, Fieber und Grippe geeignet. Sie hilft auch bei Blähungen und Koliken. Die Varietät Nepeta cataria var. citriodora wird auch Weisse Melisse genannt, weil sie der echten Melisse gleicht und wie diese ein zitroniges Aroma hat.

Katzenminzen-Blüten

Nr. 46 a: febrefugiam - Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraea)

Das Tausengüldenkraut ist ein- bis zweijährig und wird 8 bis 50 cm hoch, es ist eine bei uns geschützte Pflanze. Der gerade Stängel verzweigt sich erst im rosafarbenen Blütenstand. Das Tausendgüldenkraut gehört zu den Enziangewächsen, deshalb sind seine Blütenblätter zu einer Kronröhre verwachsen, die in fünf sternförmig ausgebreiteten Zipfeln endet.

Im Altertum galt das Tausendgüldenkraut als Heilpflanze bei vielerlei Krankheiten und Beschwerden. Weil das Kraut für alles gut und deshalb seine tausend Gulden wert sei, verlieh man ihm vermutlich den deutschen Namen Tausendgüldenkraut.

Die ganze Pflanze und insbesondere die Stängel enthalten Bitterstoffe und ätherische Öle. Das Kraut wird deshalb auch heute bei Verdauungsbeschwerden und Blähungen eingesetzt. Zusammen mit anderen aromatischen Bittermitteln (z.B. Engelwurz, Fieberklee, Wermut, Bitterorangenschalen) werden daraus Bitterschnäpse zubereitet. Wie alle Bittermittel wirkt Tausendgüldenkraut allgemein tonisierend und abwehrstärkend.

Tausendgüldenkraut-Setzlinge

Nr. 46 b: febrefugiam - Fieberkraut (Tanacetum parthenium)

Das Mutterkraut ist eine eher kurzlebige Staude, die kamillenähnliche Blüten mit kamillenähnlichem Duft. Darauf weist ihr deutscher Name hin: Die echte Kamille heisst lateinisch matricaria, was eigentlich Mutterkraut bedeutet. Im Unterschied zur Kamille trägt das Mutterkraut aber Fiederblätter mit stumpfen Fiederabschnitten, die bitter schmecken.

Die Pflanze stammt ursprünglich aus Kleinasien, war dann im ganzen Mittelmeerraum als Heilpflanze geschätzt und gelangte schliesslich bis nach Mittel- und Nordeuropa. Sie wurde als frisches Kraut, in Wein, Essig oder Milch gesotten, in Öl zerrieben oder als Pulver zerstossen und bei Darmkrämpfen, Atem- und vor allem bei Menstruationsbeschwerden eingesetzt. Wie ihr deutscher Name verrät, wurde sie auch als Fieber senkendes Mittel beschrieben.

Bei uns ist ihre Heilwirkung in Vergessenheit geraten. Wir kennen sie vor allem als Gartenpflanze in ihren verschiedenen Kulturformen. In England kennt man sie noch als feverfew, das heisst als fiebersenkendes Mittel. Man kann die Blätter in Salaten, als Gemüse oder als Brotbelag essen. Da sie zwar aromatisch riechen, jedoch bitter schmecken, ist der Zusatz anderer Geschmacksträger empfehlenswert. Mutterkraut-Extrakte findet man auch in verschiedenen Fertigpräparaten. Heute wird Mutterkraut vor allem zur Migräneprophylaxe eingesetzt, insbesondere wenn die Migräne im Zusammenhang mit der Menstruation oder in den Wechseljahren auftritt.

Fieberkraut-Blüten

Nr. 47: papaver - Schlafmohn (Papaver somniferum)

Der einjährige Schlafmohn wächst 60–150 cm hoch. Seine Blätter sind blaugrün, stängelumfassend und mit welligem Rand. Die vier Blütenblätter sind blassviolett bis rosa und etwas knittrig. Im Juni entwickelt sich die charakteristische, bis 5 cm grosse Kapsel, die einen Kranz von Poren besitzt, durch welche die Samen wie bei einem Salzstreuer ausgeworfen werden.

Schlafmohn ist eine der ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. In der Schweiz wurden Samen und Kapsel in 4000 Jahre alten Pfahlbauten gefunden. Schon früh wurde auch das Rohopium entdeckt: Eine braune Masse, die entsteht, wenn man unreife Kapseln anritzt und den austretenden Milchsaft eintrocknen lässt. Es ist die Ausgangssubstanz zur Herstellung von Opium, Morphium und des halbsynthetischen Heroins.

Opium besteht aus etwa 40 verschiedenen Alkaloiden, die seine medizinischen Wirkungen ausmachen: Morphin wirkt schmerzstillend, beruhigend, narkotisierend und Hustenreiz dämpfend. Papaverin wirkt u.a. krampflösend, Codein wirkt hustenreizstillend. Weil Morphin unter das Betäubungsmittelgesetzt fällt, wird es heute nur noch bei starken Schmerzen (z.B. bei Krebs in der Endphase) medizinisch verschrieben. Papaverin und Codein werden heute vollsynthetisch hergestellt.

Schlafmohn-Blüte

Nr. 48: betas - Schnittmangold (Beta vulgaris ssp. vulgaris convar. cicla)

Mangold ist nahe verwandt mit der Roten Rübe (Randen), der Runkelrübe und der Zuckerrübe: Alle drei sind Varietäten von Beta vulgaris ssp. vulgaris. Deshalb ist nicht klar, welche Rübenpflanze Karl der Grosse mit der Bezeichnung betas gemeint hat. Beim Mangold unterscheidet man noch den Schnitt- und den Stielmangold.

All diese Verietäten sind zweijährig: Im ersten Jahr entwickelt sich die als Gemüse genutzte Blattrosette resp. Rübe, im zweiten Jahr der bis 1 m hohe Blütenstand. Nach der Fruchtbildung stirbt die Pflanze ab.

Blattmangold wird gleich wie Spinat verwendet, er enthält auch sehr ähnliche Inhaltsstoffe inkl. Oxalsäure. Beim Stielmangold dünstet man vor allem die Blattstiele, die je nach Zuchtform weiss oder auch rot sein können. Sie werden auch die "Spargeln des kleinen Mannes" genannt.

Schlafmohn-Blüte

Nr. 49: vulgigina - Haselwurz (Asarum europaeum)

Haselwurz ist eine wintergrüne Pflanze und wird gerne als Bodendecker in schattigen Gärten angepflanzt. Sie besitzt einen kriechenden Wurzelstock sowie runde, nierenähnliche Blätter. Die im März bis Mai erscheinenden Blüten sind sehr klein und bleiben meist unter den Blättern verborgen. Die ganze Pflanze und insbesondere der Wurzelstock ist giftig.

Im Altertum galt Haselwurz als Heilmittel und wurde zur Herstellung wohlriechender Salben und Kränze benutzt. Man verwendete den im August gesammelten Wurzelstock, der einen kampferartigen Geruch besitzt. Er enthält u.a. ätherisches Öl mit giftigem Asaron, das auf der Zunge ein pfefferartiges Brennen erzeugt. Asaron wirkt Haut- und Schleimhautreizend, was bei innerlicher Einnahme zu Erbrechen führt. Deshalb galt die Haselwurz bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts als wichtiges Brechmittel. Heute wird sie noch in auswurfsfördernden Präparaten eingesetzt sowie in homöopathischen Mitteln.

Haselwurz

Nr. 50: altaea - Eibisch (Althaea officinalis)

Der Eibisch oder Ibisch ist ein mehrjähriges Malvengewächs, das salzreiche, feuchte Böden liebt und in ganz Europa verbreitet ist. Er wird bis 2 m hoch, besitzt samtige Blätter und kleine weisse bis rosafarbene Blüten. Er wird deshalb auch weisse Pappel oder Sammetpappel genannt.

Der Eibisch ist eine uralte Heilpflanze, die schon in der Antike als Hustenmittel sowie bei Nieren- und Magenleiden eingesetzt wurde. Auch heute ist der Eibisch eine bekannte und wichtige Schleimstoffpflanze. Die Schleimstoffe (saure Polysaccharide) befinden sich in allen Pflanzenteilen, am meisten jedoch in der Wurzel. Früher verarbeitete man die zu Pulver zerriebenen Wurzeln zu weichen Pastillen, welche die Vorläufer der "Marshmallows" (engl. "Salzwiesenmalve") waren.

Auszüge aus Wurzeln, Blättern und Blüten werden heute als Tee, Sirup oder in Salben verwendet. Sie wirken reizlindernd bei Husten und bei Magenschleimhautentzündung. Als Umschlag werden sie auch bei Verbrennungen und Hautentzündungen eingesetzt.

Eibisch-Blüte

Nr. 51: malvas - Wilde Malve (Malva sylvestris)

Die Wilde Malve, Grosse Käsepappel oder Rosspappel ist eine meist zweijährige, 40–120 cm hohe Pflanze und ist in fast ganz Europa verbreitet. Eine spindelförmige Pfahlwurze verankert sie fest im Boden. Blütezeit ist von Mai bis September. Die scheibenförmigen Früchte sehen wie kleine abgeflachte, runde Käselaibe aus, was ihr den Namen gab. Malven sind sehr anfällig auf den Malvenrost (eine Pilzkrankheit).

Die Wilde Malve zählt zu den ältesten Nutzpflanzen. Sie wurde schon in der Antike als Gemüse- und Heilpflanze angebaut. Ihre entzündungshemmende sowie schleimhautschützende Wirkung war schon damals bekannt. Auch heute werden die Blätter und Blüten der Wilden Malve aufgrund ihres Schleimstoffgehalts bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum und damit verbundenem Reizhusten eingesetzt – ähnlich wie die Wurzeln des Eibisch (Nr. 50).

Malven-Blüte

Nr. 52: carvitas - Möhre (Daucus carota)

Die Möhre ist ein zweijähriger Doldenblütler, von dem es verschiedene Untarten gibt. Die Karotte (Daucus carota ssp. sativus), auch Gartenmöhre, Mohrrübe, Gelbe Rübe oder Rüebli genannt, ist eine Kulturform der Wilden Möhre. Im ersten Jahr bildet sich eine Rosette, im zweiten Jahr der Blütenspross mit den weissen Doldenblüten, der eine Höhe von bis zu 120 cm erreicht.

Die Wurzeln der Wildart sind weiss und schmal, die orangen Möhren gibt es erst seit etwa 100 Jahren. Die orange Farbe stammt vom β-Carotin und ist eine Vorstufe des Vitamins A (Retinol). Retinol wird unter anderem in den Augen für das Farbensehen benötigt. Da es ausserdem die Hautalterungsprozesse verlangsamt, findet man es heute in vielen sog. "Anti-Aging-Cremen". Die Namen Karotte und Carotin leiten sich übrigens vom lateinischen Artnamen carota ab.

Heute werden wieder vermehrt alte Karottensorten angebaut, die keine orangen Wurzeln besitzen. Im Karlsgarten in Mettendorf wachsen die ProSpecieRara-Sorten 'Küttiger Rüebli' sowie 'Jaune longue du Doubs'.

Küttiger Rüebli Blüten

Nr. 53: pastenacas - Pastinake (Pastinaca sativa)

Die Pastinake (bzw. der Pastinak) ist mit der Karotte verwandt, hat jedoch nur einfach gefiederte Blätter und gelbe Blüten. Sie wächst zweijährig und wird im zweiten Jahr bis 150 cm gross. Der Name Pastinake leitet sich von lat. pastus (= Nahrung) ab. Mitteleuropa erreichte die Pflanze sowohl als Wild- wie auch als Kulturform wahrscheinlich erst mit den Römern, wobei Möhren und Pastinaken erst ab dem Mittelalter klarer unterschieden wurden. Neben den Gemüsesorten gab es auch Sorten, die als Mastfutter für Schafe und Rinder verwendet wurden.

Als Gemüse wird die fleischige, gelblich-weisse Wurzel der Pastinake genutzt, die bei der Wildform dünn und hart ist, bei Kulturformen 4–12 cm dick und bis zu 1,5 kg schwer werden kann. Im Unterschied zu anderen Rüben (z.B. Küttiger Rüebli, Petersilienwurzeln) hat sie um die Blattansatzstelle einen ausgeprägten Rand. Sie enthält mit ca. 80 % relativ wenig Wasser, viel Stärke, Zucker sowie ätherische Öle, weshalb sie aromatisch riecht. Der intensive und leicht süssliche Geruch der ganzen Pflanze ähnelt etwas dem wilden Fenchel. Bis ins 19. Jahrhundert war die Pastinake eine wichtige Gemüsepflanze, wurde dann aber durch die Kartoffel und die Karotte fast völlig verdrängt. Seit einigen Jahren wird sie wieder als alte Gemüseart, insbesondere von Biobauern, angebaut.

Zu Zeiten der großen Pestepidemie im 14. Jahrhundert wurde der Saft der Pastinake als Heilmittel eingesetzt. Deshalb erhielt die Pflanze auch den Beinamen "Pestnacke". In der Volksmedizin werden Wurzeln, Samen und Kraut bei Nierenleiden sowie zur Entwässerung bei Rheuma eingesetzt. Allerdings kann der Pflanzensaft zusammen mit Licht auf der Haut Entzündungen hervorrufen, da er Furanocumarine enthält.

Pastinake

Nr. 54: adripias - Gartenmelde (Atriplex hortensis)

Die Gartenmelde gehört wie Spinat und Mangold zur Familie der Fuchsschwanzgewächse. Sie ist einjährig und kann im Gegensatz zum Spinat – der lange im Rosettenstadium verweilt – bis zu 2 m hoch wachsen. Die unscheinbaren Blüten stehen in langen, lockeren Blütenständen und können männlich, weiblich oder zwittrig sein.

Die Gartenmelde ist eine der ältesten Kulturpflanzen. Die Griechen nannten die Pflanze Atraphaxis oder auch Chrysolachanon, was "Goldgemüse" bedeutet und sich wohl auf die gelbgrünen, münzenartigen Früchte bezieht. Bei den Römern wurde die Melde Atriplex genannt, vermutlich wegen der dreieckigen ("triplex") Blattform. Die Römer haben sie wie Mangold und Rote Rüben nach Europa gebracht.

Die Gartenmelde wurde als Gemüse, Salat-, Heil-, Färbe- sowie Zierpflanze verwendet. Aus den Samen kann ein blauer Farbstoff gewonnen werden. Bereits im Mittelalter wusste man, dass Melde die Haare schwarz und Stoffe grün färben kann. Die leicht sukkulenten Blätter können wie Mangold, Blutmeier und Fuchsschwanz als "spinat"ähnliches Gemüse genutzt werden. Durch die Einführung des Spinats wurde ihre Verwendung als Nahrungsmittel ab dem 12. Jh. stark zurückgedrängt. Erst seit einigen Jahren wird sie wieder vermehrt als "alte Sorte" in Gemüsegärten angebaut und die verschiedenen Farben (grün, rot, gelb) als Kontrast im Sommerbeet sowie in Salaten geschätzt.


Nr. 55: blidas - Meier (Amaranthus blitum)

Der Gattungsname Amaranthus geht auf das griechische amarantos (unverwelkllich) zurück, weil die Pflanze in griechischen Zeiten als Symbol der Unsterblichkeit galt. Der Meier ist wie die Gartenmelde ein einjähriges Fuchsschwanzgewächs und wird bis 1 m gross. Er ist einhäusig (getrenntgeschlechtlich), die Blüten stehen zu knäueligen Blütenständen zusammengedrängt in den Blattachseln. Der Meier ist weltweit verbreitet und wird heute meist in vier Unterarten aufgeteilt. Die intensiv rot gefärbte Unterart (A. blitum ssp. lividus, "Blutmeier") stammt aus dem Mittelmeerraum und wurde bei uns schon in der Antike kultiviert.

Die Blätter des Meiers können wie Spinat zubereitet werden. Der etwas bitterere Geschmack wird durch Saponine hervorgerufen. Er enthält dafür Provitamin A, Vitamin C sowie ca. 4% Eiweiss. Wie bei der Gartenmelde (Nr. 54) nahm auch der Anbau des Meiers ab dem 12. Jh. mit dem Aufkommen des Spinats rapide ab. Heute besitzt er bei uns nur noch Liebhaberwert. In der Dritten Welt könnten ähnliche Fuchsschwanzarten jedoch grössere Bedeutung erlangen, nicht als Blattgemüse, sondern aufgrund der Früchte: Sie enthalten 50–60 % Stärke, ca. 15 % wertvolles lysinreiches Eiweiss und ca. 9 % Öl mit einem hohen Gehalt an ungesättigten Fettsäuren. Die kleinen Körnchen sind auch bei uns als "Amaranth" im Detailhandel erhältlich.

Roter Meier Fruchtstand

Nr. 56 a: ravacaulos - Stoppelrübe (Brassica rapa ssp. rapa)

Die Stoppelrübe gehört zu den Kreuzblütlern. Sie ist zweijährig: Wird sie nicht geerntet, überwintert sie und schiebt im Frühjahr einen aufrechten, verzweigten, meist kahlen Blütentrieb hervor. Sie ist eine Kulturpflanze, die sich aus der Wildform der Wilden Rübsen (Brassica rapa) des Mittelmeerraumes entwickelt hat. Die Stoppelrübe hat noch viele andere Namen wie Herbstrübe, Weisse Rübe, Krautrübe, Ackerrübe, Wasserrübe oder Räben. Es gibt kugelige und langgestreckte Sorten. Die sonnenbeschienenen Teile der Rübe werden meist violett. Stoppelrüben wachsen sehr schnell, sie werden im Juli/August ausgesät (früher oft zwischen die Stoppeln der Getreidefelder – daher der Name) und von Oktober bis Anfang November geerntet.

Im Mittelalter galt die Stoppelrübe als Hauptnahrungsmittel und wurde später fast völlig von der Kartoffel verdrängt. Heute wird sie nur noch selten angebaut. In der Schweiz wird sie vor allem in den Kantonen Zürich und Aargau angebaut, hauptsächlich für den "Räbeliechtli"-Brauch, aber auch für die Produktion von sauren Rüben. Im österreichischen Tirol brennt man daraus eine Spirituose, den Krautinger.

Stoppelrübe

Nr. 56 b: ravacaulos - Kohlrabi (Brassica oleracea convar. caulorapa var. gongylodes)

Der Kohlrabi gehört zu den Kreuzblütlern und ist eine der vielen Zuchtformen des Gemüsekohls. Der Name leitet sich von den lateinischen Wörtern caulis (Kohl) und rapum (Rübe/Wurzelknolle) ab. Er ist zweijährig, die Knolle (oberirdische Sprossachse) wird jedoch schon im ersten Jahr geerntet.

Eindeutig nachgewiesen ist Kohlrabi erst aus dem 16. Jh. und gehört mit seinen heutigen Sorten zu den jüngeren Kohlgemüsen, die es zu Zeiten Karls des Grossen noch nicht gab. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass in der Landgüterverordnung Karl des Grossen mit der Bezeichnung ravacaulos nicht der Kohlrabi, sondern die Stoppelrübe (Nr. 56 a) gemeint war.

Vom Kohlrabi gibt es verschiedene Sorten, die sich nach Farbe, nach dem Zeitpunkt der Reife, nach der Grösse und Haltbarkeit unterscheiden. Kohlrabi ist gesund, schmeckt gut und macht nicht dick, denn 100 g enthalten nur 75 Joule, dafür aber viele Vitamine. Bezüglich Vitamin C, Carotin, Calcium und Eisen sind die Blätter der Knolle jedoch weit überlegen.

Kohlrabi

Nr. 57: caulos - Kohl (Brassica oleracea)

Kohl wird in vielen verschiedenen Zuchtformen kultiviert, die in der Regel zweijährig sind. Schon im ersten Jahr bildet sich eine stark vergrösserte Endknospe, die im Spätsommer einen Kopf formt und noch im selben Jahr geerntet wird. Im zweiten Jahr bildet sich die für Kreuzblütler typische, lockere Traube mit duftenden, gelben Blüten.

Alle Wildkohlarten und Zuchtformen sind untereinander ungehindert kreuzbar, bei kaum eingeschränkter Fruchtbarkeit der Bastarde. Dies ist ein Grund, weshalb sich in ziemlich kurzer Zeit so viele Varietäten aus dem Wildkohl (Brassica oleracea) entwickelt haben wie Rot-, Weiss-, Spitzkohl, Wirsing, Markstammkohl, Grün-, Rosen- und Blumenkohl, Broccoli und Kohlrabi. Diese Kohlsorten unterscheiden sich vermutlich sehr von denen zu Zeiten Karls des Grossen. Die mehrjährigen Stauden- und Blattkohle stimmen noch am meisten mit den Wildformen überein.

Nach der griechischen Mythologie soll der Kohl aus dem Schweiss des Zeus entstanden sein. Er ist eines der ältesten, bereits seit der Antike angebauten Gemüse. Die Römer glaubten, dass Kohl, wenn man ihn zu Alkohol genösse, den Kater verhindere. Sie benutzten ihn als Entgiftungsmittel, mit seinen Blättern reinigten sie infizierte Wunden.

Kohl

Nr. 58 a: uniones - Winterheckzwiebel (Allium fistulosum)

Die Winterheckzwiebel gehört zur Unterfamilie der Lauchgewächse oder Zwiebelgewächse und diese zur Familie der Narzissengewächse. Sie ist mehrjährig und winterhart. Sie bildet nur einfache Zwiebeln, die büschelartig zusammen stehen. Dafür wächst sie im Laub umso üppiger. Sie hat sehr viele unterschiedliche Bezeichnungen, z. B. Frühlings- oder Frühzwiebel, Lauchzwiebel, Jungzwiebel, Frühlingslauch, Zwiebelröhrchen, Röhrenlauch, Schluppenzwiebel, Schlottenzwiebel, Schnittzwiebel, Ewige Zwiebel, Winterheckenzwiebel. Auf die röhrigen und innen hohlen Blätter geht auch der lat. Artname fistulosum zurück, was so viel wie "voller Löcher" bedeutet.

Im Gegensatz zu ihren Herkunftsländern China und Japan hat die Winterheckzwiebel bei uns nie grosse Bedeutung erlangt. In Europa spielt sie weder als Nahrungs- noch als Würzpflanze eine Rolle, auch nicht in der Volksmedizin, im Aberglauben oder Brauchtum. Dennoch ist sie in Bauerngärten oft anzutreffen, als Rabatteneinfassung und als Küchengewürz. Die Zwiebel wird ähnlich wie die Speisezwiebel eingesetzt, ihr Geschmack ist jedoch weniger stark. Die runden Blätter können als Ersatz von Schnittlauch verwendet werden.

Kohl

Nr. 58 b: uniones - Bärlauch (Allium ursinum)

Bärlauch ist mit der Winterheckzwiebel, der Zwiebel, dem Schnittlauch und dem Knoblauch verwandt. Bärlauch, Wald- oder wilder Knoblauch hat insofern etwas mit Bären zu tun, als die früher in unseren Wäldern heimischen Bären diese Pflanzen nach dem langen Winterschlaf als erste Nahrung in Fülle vorfanden.

Der Bärlauch ist mehrjährig und treibt im zeitigen Frühjahr vor dem Laubaustrieb der Bäume in der Regel zwei (selten 1 oder 3) grundständige, saftig grüne, lanzettliche, paralellnervige, gestielte, bis 28 cm lange Blätter. Die Blätter werden als Wildgemüse im Frühjahr sehr geschätzt. Wenn die sternförmigen, weissen Blüten erscheinen, sollten sie nicht mehr gesammelt werden. Trotz ihres intensiven Geruchs können die Blätter mit den giftigen Blättern des Maiglöckens, der Herbstzeitlose oder des Aronstabs verwechselt werden. Sehr gefährlich ist die Verwechslung mit der Herbstzeitlose (Toxinfo).

Bärlauch enthält dieselben schwefelhaltigen Verbindungen wie Knoblauch, deshalb riecht er ähnlich. Der Gehalt der Schwefelverbindungen ist im Bärlauch jedoch geringer. Wie Knoblauch verbessert auch der Bärlauch die Durchblutung der Kapillaren und senkt den Cholesterinspiegel im Blut.

Kohl

Nr. 59: britlas - Schnittlauch (Allium schoenoprasum)

Schnittlauch ist mehrjährig und hat kleine, längliche Zwiebeln, die als solche fast nicht in Erscheinung treten. Er bildet mithilfe zahlreicher Tochterzwiebeln kleine Horste, die im Garten gelegentlich geteilt werden sollten. Verwildert kann man ihn entlang von Flüssläufen antreffen, natürliche Vorkommen gibt es in den Alpen.

Schnittlauch wird 10–50 cm hoch und blüht von Mai bis September. Der Blütenstängel sieht ähnlich aus wie die röhrenförmigen Blätter, ist aber etwas sparriger. An seiner Spitze entwickelt sich der kugelige, violette Blütenstand. Wenn die Blätter öfters bodennah abgeschnitten werden, treiben rasch neue, zarte Blätter aus.

Der Schnittlauch gelangte vermutlich erst im frühen Mittelalter aus Italien zu uns. Er galt den Menschen damals als Medizin für Jungend und Schönheit. In der Volksmedizin wurde er auch als Mittel gegen Wurmbefall genutzt. Schnittlauch enthält dieselben schwefelhaltigen Verbindungen wie Knoblauch, allerdings in geringeren Mengen, weshalb er milder schmeckt. Vor allem im Frühjahr enthalten die frischen Blätter ausserdem grössere Mengen an Vitamin C (50 mg/100 g).

Kohl

Nr. 60: porrum - Lauch, Breitlauch, Porree (Allium porrum)

Lauch ist ein Zwiebelgewächs, besitzt aber keine eigentliche Zwiebel, sondern eine scheibenförmige Achse, an der zahlreiche kleine Wurzeln entspringen. Die Blätter bilden mit ihren breiten Blattscheiden einen dicken Scheinspross ("Lauchstange"), aus deren Mitte später der runde Blütenschaft herauswächst. An dessen Ende entwickelt sich ein dichter, kugeliger Blütenstand, der gerne von Bienen besucht wird. Wenn man den Lauch nicht erntet und die Blütenschäfte abschneidet, entwickeln sich am Zwiebelkuchen viele Brutzwiebelchen, die als sog. "unechte Perlzwiebeln" verwendet werden.

Lauch stammt vermutlich von dem im Mittelmeerraum wildwachsenden Sommerlauch (Allium ampeloprasum) ab, der schon von den Ägyptern gegessen wurde. Bei uns ist der Lauch nur aus Kultur bekannt. Er wird meist vorgezogen und in die abgeernteten Kartoffelbeete gepflanzt. Er benötigt gut gedüngten, tiefgründigen Boden und kann den ganzen Winter über geerntet werden. Heute ist Lauch in vielen Ländern eine wichtige Gemüsepflanze. Zusammen mit Karotten und Sellerie wird er auch gerne für Suppen und Saucen verwendet.

Lauch

Nr. 61: radices - Rettich (Raphanus sativus var. niger)

Der Rettich ist ein verzweigt aufrecht wachsendes Kreuzblütengewächs. Die weissen, dunkel geäderten Blüten entwickeln sich zu 3–9 cm langen Schoten, die im Unterschied zu den Schoten vom Kohl quer verlaufende Kammerwände besitzen (Gliederschoten). Vom Rettich wird die frische Wurzelknolle verwendet, die beim Sommerrettich meist weiss ist, beim Winterrettiche auch eine schwarze Rinde besitzen kann. Der schwarze Rettich ist meist schärfer als der weisse Rettich, weshalb man annimmt, dass er als Heilpflanze wirksamer ist.

Rettichist eine alte Kulturpflanze, die bereits im 1. Jh. n. Chr. in den Mittelmeerländern und im römischen Germanien angebaut wurde. Ab dem 16. Jh. erscheint er in fast allen Kräuterbüchern, auch von der chinesischen Medizin und in der Homöopathie wird er eingesetzt. Das Radieschen hat vermutlich andere Ursprünge und ist in Mitteleuropa erst seit dem 16. Jh. bekannt.

Bei der Zerkleinerung der Rettichwurzel entstehen aus seinen schwefelhaltigen Inhaltsstoffen (Senföl-Glykosiden) flüchtige Senfölverbindungen, die für den beissenden, scharfen Geschmack verantwortlich sind. Sie besitzen antibakterielle und krampflösende Wirkung und regen die Produktion der Verdauungssäfte an. Rettichsaft wird deshalb bei Verdauungs- und Gallenwegsbeschwerden sowie bei Entzündungen der Atemwege eingesetzt. Rettich-Sirup und Rettich-Honig-Saft sind alte Hausrezepte, die auch von Kindern gerne eingenommen werden.

Rettich

Nr. 62: ascalonias – Schalotte (Allium cepa va. ascalonicum)

Die Schalotte ist eine Varietät der Küchenzwiebel. Im Unterschied zu dieser entwickeln sich um die Hauptzwiebel jedoch 5–7 kleine, längliche, rote oder gelbbraune Tochterzwiebeln. Diese sind am Grund miteinander verwachsen und bilden auf diese Weise Horste. Schalotten reifen etwas früher und sind haltbarer als Küchenzwiebeln, sie haben einen milderen, würzigen Geschmack. Einige Schalotten bilden im Sommer einen Blütenschaft mit einem mehrblütigen, kugeligen Blütenstand. Zwischen den Einzelblüten entwickeln sich oft zahlreiche Brutzwiebeln, die zur Vermehrung oder in der Küche verwendet werden können.

Ob Karl der Grosse mit ascalonias die Schalotte meinte, ist nicht ganz klar. Sie war aber im Mittelmeergebiet bekannt und kommt auch heute noch verwildert in Vorderasien vor. Der Name leitet sich von der Stadt Askalon im heutigen Israel ab. Heute sind die Schalotten in der Schweiz und in Deutschland etwas in Vergessenheit geraten. In Frankreich hingegen werden sie bevorzugt in der Küche verwendet, z.B. auch in der berühmten Sauce Béarnaise.

Schalotten

Nr. 63: cepas - Küchenzwiebel (Allium cepa var. cepa)

Die Küchenzwiebel ist der "Prototyp" der Zwiebelgewächse und hat der ganzen Familie den Namen gegeben. Sie ist ausdauernd, wird bei uns jedoch meist einjährig kultiviert. Man unterscheidet Sommerzwiebeln, Winterzwiebeln und viele verschieden gefärbte Sorten. Die weissen, kleinen Silberzwiebeln werden im Frühjahr gesät, im Sommer geerntet und in Essig eingelegt. Einige Zwiebeln bilden im Sommer einen runden, etwas blasig aufgetrieben Stängel mit einem kugeligen, weissen Blütenstand.

Die Zwiebel stammt ursprünglich aus Zentralasien und war bereits im alten Ägypten ein beliebtes Volksnahrungsmittel. Wie der Knoblauch galt sie als Symbol für Erotik und Fruchtbarkeit. Die vielen Schalen der Zwiebel regten zu allen Zeiten die Phantasie der Menschen an, weshalb sie in manchen Rätseln, Geschichten und Volksbräuchen vorkommt.

Zwiebeln enthalten schwefelhaltige Verbindungen, u.a. Alliciin sowie Alliin, die beim Zerkleinern der Zwiebeln zu flüchtigen und augenreizenden Verbindungen abgebaut werden. Sie haben eine antibakterielle, fett- und blutdrucksenkende Wirkung, weshalb Zwiebeln zur Vorbeugung von altersbedingten Gefässveränderungen eingesetzt werden. In der Volksmedizin verwendet man Zwiebelsaft mit Milch und Honig bei Husten und Bronchitis, Zwiebelauflagen bei Mittelohrentzündungen.

Küchenzwiebel-Blüte

Nr. 64: alia - Knoblauch (Allium sativum)

Knoblauch ist mehrjährig und besitzt im Unterschied zu vielen anderen Lauchgewächsen flache, gekielte Blätter. Er bildet rund um die Hauptachse viele Nebenzwiebeln ("Zehen"), die durch eine trockene, weisse Hülle zusammengehalten werden. Der Blütenstand wird durch ein langes Hüllblatt eingeschlossen, das später abfällt. Zwischen den blassrosa Blüten entwickeln sich viele, bis zu 1 cm grosse Brutzwiebeln.

In Ägypten galt der Knoblauch als heilige Pflanze. Beim Bau der Pyramiden wurde er von den Arbeitern – zusammen mit Rettich und Zwiebeln – zur Gesundheitsförderung in grossen Mengen gegessen. Im Mittelalter galt er sogar als Mittel gegen die Pest und als "Theriak der einfachen Leute". Wegen seinem intensiven, charakteristischen Geruch wurde er von vornehmen Leuten allerdings nicht mehr gegessen.

Der Knoblauchgeruch stammt von den schwefelhaltigen Verbindungen (u.a. Alliin), die nach dem Essen in flüchtige, stark riechende Verbindungen umgewandelt und über die Atemluft und die Haut ausgeschieden werden. Sie sind für die antibakterielle, pilzhemmende, blutfettsenkende und blutgerinnungshemmende Wirkung des Knoblauchs verantwortlich. Er wurde früher zur Wundbehandlung, gegen Darmparasiten und bei schwerwiegenden Infektionskrankheiten eingesetzt. Heute wird er vor allem zur Arteriosklerose-Vorbeugung empfohlen (4 g frischer Knoblauch/Tag) sowie bei Atemwegserkrankungen.

Knoblauch-Blüte

Nr. 65: warentiam - Krapp, Färberröte (Rubia tinctorum)

Krapp ist eine mehrjährige Pflanze, die mit dem Waldmeister verwandt ist (Rötegewächs). Der Gattungsname rubia leitet sich von lat. ruber (= rot) ab, der deutsche Name Krapp von althdt. krapso (= Haken). Krapp besitzt quirlständige Blätter, die mit rückwärts gerichteten Stachelzähnchen besetzt sind. Er kann an einer Stütze gezogen bis 150 cm hoch wachsen. Aus den kleinen, blassgelben Blüten entwickeln sich im Herbst erbsengrosse, schwarze Steinfrüchte. Im Winter stirbt das Kraut bis auf die Wurzeln ab.

Krapp ist eine alte Kulturpflanze aus dem östlichen Mittelmeergebiet, die bereits im Altertum als Färbepflanze angebaut wurde. Der in den Wurzeln enthaltene Farbstoff wurde als "Türkisch Rot" gehandelt und zum Färben von Wolle, Seide, Leder, Baumwolle und Teppichen benutzt. Zwischen dem 7. und 18. Jh. wurde Krapp in vielen Ländern Europas als Färbepflanze angebaut. Der meiste Farbstoff befindet sich in der inneren Wurzelrinde. Um hochwertigen Farbstoff zu erhalten, wurden die Wurzeln getrocknet, fermentiert und durch Dreschen von Oberhaut und Wurzelfasern befreit. Sie enthalten verschiedene Anthrachinonderivate, aus denen beim Trocknen u.a. der rote Farbstoff Alizarin entsteht. Als es Ende des 19. Jh. gelang, diesen Farbstoff synthetisch herzustellen, wurde der Anbau von Krapp eingestellt.

Krapp-Blüte

Nr. 66 a: cardones - Weberkarde (Dipsacus sativus)

Die Weberkarde gehört zu der Familie der Geissblattgewächse (Caprifoliaceae), früher wurde sie den Kardengewächsen (Dipsacaceae) zugeordnet. Sie ist zweijährig, der Blütenstand erscheint im zweiten Jahr. Sie ist mit der Wilden Karde (Dipsacus fullonum) verwandt und wird heute teilweise als Unterart der Wilden Karde betrachtet. Ein auffälliges Unterscheidungsmerkmal der beiden Karden sind die Spreublätter der Fruchtstände. Diese sind bei der Weberkarde breiter, kürzer und starr, die Spitzen sind im Unterschied zu denjenigen der Wilden Karde nach hinten gebogen. Aus diesem Grunde wurden die trockenen Fruchtstände der Weberkarde früher verwendet, um das Wollgewebe zu "karden" bzw. ihre Oberfläche aufzurauen. Heute findet diese Methode nur noch bei der Herstellung von hochwertigen Wollstoffen Verwendung, z. B. beim Filz für Billardtische. Als weiteres Unterscheidungsmerkmal dienen die Hüllblätter, die bei der Weberkarde waagrecht abstehen und bei der Wilden Karde nach oben gebogen sind. Beide Karden werden bis 2 m hoch und besitzen 1–5 mm lange Stacheln.

Der Name Dipsacus lässt sich von griech. dipsa (= Durst) ableiten. Dies nimmt Bezug auf Wanderer, die ihren Durst mit dem Wasser aus den Reservoirs in den Blattachseln löschen können. Dioskurides (1. Jh. n. Chr.) nennt Dipsacus wegen des Wassers auch labrum veneris (= Venusbad). Die Wurzel der Weberkarde wurde früher, in Wein zerstossen, als Paste bei äusserlichen Wunden (Schrunden) verwendet.

Weberkarde-Blütenstand

Nr. 66 b: cardones - Kardy, Kardone (Cynara cardunculus)

Die Kardone (auch Kardy, Gemüse-Artischocke oder Spanische Artischocke genannt) gehört zu den Korbblütlern und ist in unserem Klima ein- bis zweijährig. Der lat. Gattungsname Cynara leitet sich von griech. kyon (= Hund) ab und bezieht sich auf die Ähnlichkeit der stacheligen Blätter mit dem Gebiss eines Hundes.

Die Kardone stammt vermutlich aus Äthiopien. Sie ist mit der Artischocke verwandt und bildet im zweiten Jahr ähnliche Blütenköpfe. Im Unterschied zur Artischocke werden nicht die Blütenköpfe, sondern die Blattstiele als Gemüse genutzt. Die jungen Triebe wurden auch schon im Mittelalter als spargelähnliche Gemüse verwendet. Die Kardone enthält wie die Artischocken Bitterstoffe. Der Kardy-Anbau hat in Genf eine lange Tradition. Im 17. Jahrhundert brachten die in Folge des Edikts von Nantes aus Frankreich geflohenen Hugenotten die Pflanze nach Genf – genauer nach Plainpalais. Die damals eigenständige Ortschaft ist heute ein Stadtteil Genfs.

Kardy

Nr. 67: fabas maiores- Saubohne (Vicia faba)

Die Saubohne stammt vermutlich aus Vorderasien. Wie andere Schmetterlingsblütler kann sie mit Hilfe sogenannter Knöllchenbakterien, die sie in Gewebswucherungen ihrer Wurzeln beherbergt, Luftstickstoff binden und sich somit selber mit Stickstoff versorgen. Da Saubohnen Kälte ertragen, können sie schon ab Februar bis März gesät werden. Die frühe Aussaat reduziert den Befall der Pflanze durch Blattläuse.

Die Saubohne ist bekannt für den sog. Favismus: Eine Unverträglichkeit bei Menschen mit einer vererbten Veranlagung (Enzymdefekt), die insbesondere im Mittelmeerraum vorkommt. Der Favismus kommt aber auch gehäuft in China, Indien und Thailand vor, ca. 7 % der Weltbevölkerung sind davon betroffen. Bedingt durch den Enzymdefekt verlieren die roten Blutkörperchen ihren Schutz vor Oxydation und werden vorzeitig abgebaut. Dies kann bei den Betroffenen nach dem Genuss von Saubohnen oder anderen Bohnen (z. B. Puffbohnen oder Pferdebohnen) zusammen mit gewissen Medikamenten zu starken Bauchschmerzen, Durchfall, Erbrechen, Haut- und Schleimhautblutungen, Schüttelfrost und Fieber führen.

Aufgrund ihres hohen Eiweissgehalts werden Saubohnen in der Tierfütterung eingesetzt. Im Mittelalter spielten sie auch für die menschliche Ernährung eine grosse Rolle. Im Laufe der Zeit wurden sie jedoch durch die Gartenbohne verdrängt.

Saubohnen

Nr. 68: pisos mauriscos - Erbse (Pisum sativum)

Die heutigen Kultur-Erbsen stammen wahrscheinlich von der Wildart Pisum elatius ab, die ihr natürliches Vorkommen vom Mittelmeergebiet bis in den Tibet hat. Die Erbse gehört zur Familie der Schmetterlingsblüter und ist einjährig. Sie besitzt wie viele andere Hülsenfrüchtler keine selbsttragende Achse, sondern sucht mit den Wickelranken ihrer Blätter an anderen Pflanzen oder Gegenständen Halt.

Früher wurden Erbsen nicht nur für die menschliche Ernährung, sondern auch als Tierfutter verwendet. Ausserdem wurden sie für Heilzwecke eingesetzt, so z. B. "mit Wein vermischt und als Paste oder Pflaster aufgetragen bei Wunden, gegen Geschwüre und unreine Haut." Gemäss der Deutschen Pflanzensage von K. von Perger sollen die Erbsen zu den Lieblingsgerichten der Zwerge gehört haben.

Heute haben die Erbsen sowohl für die menschliche Ernährung wie auch als Tierfutter eine grosse Bedeutung. Sie enthalten viel Eiweiss, Stärke, Mineralstoffe und Vitamine. Es gibt rund 250 Sorten, die in vier verschiedene Typen eingeteilt werden: Auskern- oder Palerbsen, Markerbsen, Kiefelerbsen / Kefen, Knackerbsen.

Erbsen blau

Nr. 69: coriandrum - Koriander (Coriandrum sativum)

Koriander ist ein einjähriges Kraut aus der Familie der Doldenblütler. Er stammt aus dem östlichen Mittelmeergebiet. Aus einer dünnen Pfahlwurzel treibt ein aufrechter, runder, gestreifter, glatter Stängel, der bis zu 70 cm hoch werden kann. Frisch riechen alle Teile der Pflanze nach Wanzen, was dem Koriander (griech. koris = Wanze) auch den Namen "Wanzendill" oder "Wandläusekraut" eingetragen hat. Durch das Trocknen verliert sich dieser Geruch.

Koriander wird seit mehr als 2000 Jahren u. a. in Asien und Europa verwendet. So wurden Früchte auch in Gräbern aus dem antiken Ägypten gefunden. Für die Römer war der Koriander eines der wichtigsten Gewürze: Im römischen Kochuch Apicius wird Koriander bei verschiedenen Speisen empfohlen. Koriander wurde auch schon früh als Heilpflanze eingesetzt. Plinius (Secundus, um 50 n. Chr.) empfahl Koriander bei "schlecht heilenden Wunden, kranken Hoden, Verbrennungen, Karbunkel, schmerzenden Ohren oder Ausfluss der Augen".

Der Einsatz bei schlecht heilenden Wunden erlebt in den letzten Jahren wieder eine Renaissance. Präparate mit Korianderöl werden heute z. B. bei Unreinheiten im Gesicht eingesetzt. Das Korianderöl ist ein natürliches Antiseptikum und ist gegen verschiedene pathogene Bakterien wirksam.

Koriander-Blüte

Nr. 70: cerfolium - Gartenkerbel (Anthriscus cerefolium)

Der Echte Kerbel oder Gartenkerbel gehört zur Familie der Doldenblüter. Er ist einjährig und wird bis ca. 70 cm hoch. Er ist mit dem Wiesenkerbel (Anthriscus sylvestris) verwandt, der bei uns häufig auf nährstoffreichen Wiesen vorkommt. Der Gartenkerbel hat männliche und zwittrige Blüten auf derselben Pflanze. Die Blätter sind weich, zart, hellgrün und doppelt bis vierfach fiederschnittig. Alle Pflanzenteile besitzen einen Anisgeruch. Da Kerbel nicht kälteempfindlich ist, kann er schon ab März, wenn der Boden aufgetaut ist, im Garten gesät werden. Auch die durch Selbstaussaat im Herbst entstandenen Pflänzchen überstehen den Winter gut. Die Sommerhitze hingegen mag Kerbel nicht, er geht dann bald in Blüte.

Im Grab des Pharaos Tutench-Amun fand man einen Korb mit Kerbelsamen als Beigabe für das Leben im Jenseits. Im Südosten Europas wurde der Gartenkerbel seit alters kultiviert. In den Klöstern erhielt er eine besondere Bedeutung als vitaminreiche Fastenspeise. Er wurde schon früh gegen Husten und Leibschmerzen eingesetzt.

Kerbel regt die Verdauung an, wirkt harntreibend und positiv bei Leberleiden. In der Naturheilkunde wird er heute jedoch kaum eingesetzt. Er findet vor allem Verwendung als Würzkraut in Suppen, Salaten, Saucen und in Kräuterbutter. Besonders gerne wird er in der französischen Küche eingesetzt, er ist Bestandteil der "Fines Herbes", der berühmten Gewürzmischung und der Béchamelsauce.

Kerbel-Blüte

Nr. 71: lacteridas - Kreuzblättrige Wolfsmilch (Euphorbia lathyrus)

Die Kreuzblätterige Wolfsmilch gehört zur Familie der Wolfsmilchgewächse. Es ist eine kräftige, zweijährige, bis 1 m hohe, immergrüne Pflanze. Bei ihren kleinen "grünen Blüten" handelt es sich um extrem reduzierte Kleinstblütenstände. Sie stehen in zwei- bis vierstrahligen Scheindolden.

Die gesamte Pflanze enthält einen weissen, giftigen Milchsaft. Der Gattungsname Euphorbia verweist auf den Leibarzt des mauretanischen Königs Juba II. (ca. 50 v.Chr. bis 24 n.Chr.) Euphorbos. Der deutsche Name beschreibt die typisch kreuzgegenständige Blattstellung dieser Wolfsmilchart. Andere Namen beziehen sich auf ihre frühere medizinische Verwendung: Spei-, Purgier- und sogar Scheisskraut. Über Jahrtausende hinweg wurde die Kreuzblättrige Wolfsmilch als drastisches Abführmittel genutzt. Heute wird sie nur noch in der Homöopathie eingesetzt.

Der Milchsaft führt auf der Haut zu Schwellungen und mehr oder minder starker Blasenbildung. Gelangt der Milchsaft ins Auge, kann es zu Hornhaut- und Bindehautentzündungen kommen.

Kreuzblättrige Wolfsmilch

Nr. 72: sclareiam - Muskatellersalbei (Salvia sclarea)

Der Muskatellersalbei gehört zur Familie der Lippenblütler, er ist zwei- bis mehrjährig. Im zweiten Jahr wächst aus der Rosette des erstens Jahres ein aufrechter, reich verzweigter, drüsig behaarter Stängel, der bis zu 1 m hoch wird, mit gegenständigen, dicht behaarten Blättern. Im Juni und Juli erscheinen die ca. 3 cm langen, stark duftenden Blüten.

Der Muskatellersalbei gehört wie der Gartensalbei (Salvia officinalis) zur Gattung Salvia, deren Name sich vom lateinischen salvare (= heilen) ableitet. Der lateinische Artname sclarea leitet sich von clarus (= rein) ab, was auf reine Augen hindeutet: Wenn man die Samen der Pflanze (kleine Nüsschen) befeuchtet, bilden sie Schleim. Sie wurden daher unter das Augenlid gesteckt, um durch die Schleimabsonderung Fremdkörper aus dem Auge zu entfernen. Die Blätter und Blüten des Muskatellersalbeis enthalten ein stark duftendes ätherisches Öl, weshalb er wohl schon zu antiker Zeit als Gewürz- und Zierpflanze verwendet wurde. Auch die Wirkung auf das Nervensystem war damals bereits bekannt: Sowohl der Rauch des verbrennenden Muskatellersalbeis als auch der Duft des ätherischen Öls sorgen für Entspannung. Bei höherer Dosierung kommt es zu euphorischen Zuständen, weshalb ihm aphrodisierende Eigenschaften zugeschrieben wurden. Die Kelten stellten aus der Pflanze eine Art Tee her, mit dem sie sich in rituelle Rauschzustände versetzten.

Heute wird der Muskatellersalbei innerlich bei übermässigem Schwitzen im Klimakterium und bei Schwächezuständen eingenommen oder für Bäder bei prämenstruellen Beschwerden genutzt.

Muskatellersalbei-Blüte

Nr. 73: jovis barbam - Dach-Hauswurz (Sempervivum tectorum)

Die Dach-Hauswurz gehört zur Familie der Dickblattgewächse. Es ist eine ausdauernde Pflanze mit offenen Rosetten, aus denen der 60 cm hohe Blütentrieb wächst. Die Gattung Hauswurz (Sempervivum) ist leicht zu erkennen, aber ihre Arten sind oft nicht leicht zu unterscheiden. Selbst ein und derselbe Klon kann unter verschiedenen Wachstumsbedingungen vollkommen unterschiedlich aussehen. Auch innerhalb eines Jahres kann ein solcher Hauswurz-Klon unterschiedlich aussehen.

Der Name Sempervivum stammt aus dem Mittelalter und leitet sich vom lateinischen semper (= immer) und vivus (= lebend) ab. Denn die Dach-Hauswurz wächst auch unter den widrigsten Umständen. Den deutschen Namen hat sie erhalten, weil sie früher auf Dächer gepflanzt wurde. Man war der Meinung, dass dem Hause, auf welchem Dach-Hauswurz wachse, weder Blitz noch Donner schaden könne. Man nannte sie auch "Donnerbart" oder "Gewitterkraut", sie war dem Gott Donar (bei den Römern Jupiter) geweiht. Dioskurides empfahl den Press-Saft der Blätter, mit Rosenöl vermischt, gegen Kopfschmerzen und mit Wein getrunken gegen den "runden Bauchwurm". Heute wird die Dach-Hauswurz naturheilkundlich nicht mehr verwendet.

Dach-Hauswurz


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